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1. Bilder aus den deutschen Kolonien - S. 137

1908 - Essen : Baedeker
— 137 — Auf meine Frage nach dem Kilimandscharo und seinen Bewohnern, den Wadschagga, sagte mir der vorhin erwähnte Dschaggabnrsche, daß seine Landsleute den Kibo den Mann, und die andere Bergspitze, Mawensi, die Frau nennten, und erzählte mir in bezug hierauf folgende Sage: In früheren Zeiten, vor hundert Jahren und mehr, seien auf dem Kibo und auf dem Mawensi Rauchwolken bemerkbar gewesen. Diese beiden Riesen hätten näm- lich je ein Feuer unterhalten, um sich ihre Bananen daran zu rösten. Eines Tages nun hätte die Frau, Mawensi, aus Unachtsamkeit ihr Herdfeuer aus- gehen lassen und sich zum Kibo begeben, um sich glühende Kohlen zum An- machen zu erbitten. Der Mann aber habe sie abschlägig beschieden, mit dem Hinweise, daß er selbst auch nur ein kleines Feuerchen habe, und daß dieses ihm verlösche, wenn er davon abgebe. Sie möge nur die Folgen ihrer Fahr- lässigkeit allein tragen und ihre Bananen roh verzehren, wenn sie sie nicht braten könne. Erbittert sei Frau Mawensi wieder heimgekehrt. Bald darauf habe sie erkundet, daß der Kibo ausgegangen sei, um sich Bananen von seinem Landgute zu holen, und diese Guust des Augenblicks benutzt, dem Manne einen Streich zu spielen. Arglistig sei sie gelaufen, sich des Feuers zu bemächtigen und es nach Hause zu tragen. Als der Kibo bei seiner Rückkehr sofort den erlittenen Verlust entdeckte, habe er sich gleich gedacht, daß nur Frau Mawensi ihm das Feuer gestohlen haben könne, und sich spornstreichs zu ihr aufgemacht, um sich wieder in den Besitz seines Eigen- tums zu setzen. Als aber Frau Mawensi den Kibo so drohend auf sich zu- kommen sah, habe sie es mit der Angst gekriegt und sich in ihrem Schrecken bemüht, das Feuer mit Schneewasser auszugießen! Himmelhoch seien infolge- deffen plötzlich die Dämpfe gestiegen. So schnell aber auch Herr Kibo herbei- geeilt sei, so sei doch das Feuer bei seiner Ankunft schon verloschen gewesen. Außer sich vor Ingrimm über diese nicht wieder gutzumachende voreilige Handlung habe er nun einen gewaltigen Baumstamm aus der Erde gerissen, und die Frau damit so verprügelt, daß sie ganz in sich zusammengesunken sei. Die Spuren jenes Strafgerichts köune man heute noch in Gestalt von Scharten _ und Breschen an ihr sehen. — Seit jener Zeit hätten die beiden Riesen nicht mehr zusammen verkehrt. Ihre Bananen aber hätten sie von da an beide roh essen müssen, da es ihnen nicht gelungen sei, ein Feuer wieder anzufachen. Darum erbebten sie auch heute noch zuweilen in ver- haltenem Zorn. Lachend erwiderte ich dem Jungen, nach dieser seiner Mitteilung schaue ich die Mawensi-Spitze nebst ihren eigentümlichen Zacken und Einrissen mit ganz anderen Augen an. Ans seinen Worten erkläre sich ja alles aufs ein- fachste und natürlichste. — Bisher habe ich immer angenommen, Kibo und Mawensi feien früher die Essen eines feuerspeienden Berges gewesen, eines Vulkans, wie es ja der Doenge-Ngai auch noch sei. Am Sonnabend, dem 2. Februar, langte ich auf der Station Mofchi an, von wo aus ich den Kilimandscharo vortrefflich betrachten konnte. Merk- würdigerweise ist der Eindruck, den man dort von dem Riesenberge gewinnt, kein so überwältigender, wie unten in der Steppe. Allerdings liegt Moschi selbst schon auf einer Höhe von rund 1200 m, aber immerhin bleiben, da der Kibo 6000 w hoch ist, noch 4800 m übrig. — Von 9 Uhr morgens bis 5 Uhr nachmittags, also zu der Zeit, wo infolge der Strahlenwärme eine starke Verdunstung von Schnee und Eis vor sich geht, ist der Berg gewöhnlich von einem undurchsichtigen Wolkenschleier umhüllt. — Vollkommen
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