1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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großes, einstöckiges Giebelhaus, seiner bedeutenden Länge nach ge-
wöhnlich in drei Teile geteilt. In der Mitte der Giebelseite, durch
ein großes Thor kenntlich, ist die Einfahrt, welche unmittelbar auf
die Tenne führt. Von da wird die Ernte auf dem Speicher bis
zum Dache untergebracht. Rechts und links der breiten Einfahrt
sind die Plätze für das Vieh abgesondert, welches mit den Köpfen
nach innen steht. Die Wohnungen befinden sich entweder neben
den Viehställen an den beiden seitlichen Abteilungen, oder es ist
hinten, am Ende der Einfahrt, noch eine vierte Abteilung angebracht,
welche durch die ganze Breite des Hauses geht. Die Küche im
Hintergrunde des mittleren Raumes ist häufig offen und ohne
Schornstein. „Die Wohnung eines gemeinen Bauern," fagte Justus
Möser, der ausgezeichnete Verfasser der osnabrückischen Geschichte,
der Geschichte seines Vaterlandes, „ist in ihrem Plane so voll-
kommen, daß solche gar keiner Verbesserung fähig ist und zum
Muster dienen kann. Der Herd ist fast in der Mitte des Hauses
und so augelegt, daß die Frau, welche bei demselben sitzt, zu gleicher
Zeit alles übersehen kann. Ein so großer und bequemer Gesichts-
Punkt ist in keiner andern Art von Gebäuden. Ohne von ihrem
Stuhle aufzustehen, übersieht sie zu gleicher Zeit drei Thüren,
dankt denen, die hereinkommen, heißt sie bei sich niedersitzen, behält
ihre Kinder und ihr Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge,
hütet Keller, Boden und Kammer, spinnt immerfort und kocht
dabei. Ihre Schlafstelle ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus
derselben eben diese große Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit
aufstehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen
und alle Thüren auf- und zugehen, hört ihr Vieh fressen, die
Weberin schlagen und beachtet Keller, Boden und Kammer. Jede
zufällige Arbeit bleibt in der Kette der übrigen. Sowie das Vieh
gefüttert und die Dresche gewandt ist, ruht sie wieder hinter ihrem
Spinnrade. Diese vereinigten Vorteile machen, daß die Bauern
lieber beim Herde als in der Stube sitzen."
Auch andere Gewohnheiten haften an den liebgewonnenen Ein-
richtnngen des Hauses, obgleich durch Landesart, größeren Aufwand
und obrigkeitliche Anordnungen im einzelnen Abweichungen bedingt