1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Kartoffeln, welche bei ihnen häufig nicht nur das Fleisch, sondern
selbst das Brot ersetzen müssen, für den Speck und den Pumpernickel
der Westfalen hergeben, und gehörig gefetteter Kohl mundet am
Ende besser, als Kohl ohne Fett. Mit einem Worte: der Genuß
ist hier nicht verfeinert, aber man hat zu leben; und wenn auch
der Pumpernickel nicht so berühmt geworden ist, wie der Schinken,
den man in Westfalen vortrefflich zu räuchern versteht, so schmeckt
dieser doch gewiß nie besser, als wenn er vom Pumpernickel begleitet
wird.
Seit wann das eigentümliche Schwarzbrot in Westfalen gebacken
worden ist, meldet die Geschichte nicht; aber wenn es, wie einige
meinen, bereits bei den alten Sachsen bekannt war, so läßt sich ihr
kräftiger Widerstand gegen die Römer und Franken erklären. Tenn
der Pumpernickel ist ein Brot zum Totschlagen, ist ein derbes Roggen-
brot, zu welchem das ganze Korn gemahlen wird, weshalb es die
ungeminderte Fülle der Kornkräfte besitzt; nicht bloß den Corpus,
sondern auch den Spiritus. Man muß ihn allerdings verdauen
können, um ihn vollständig zu würdigen; aber daß es im Lande an
den guten Magen nicht fehlt, beweist die kernige Gesundheit der
Leute. Ter Pumpernickel wird in ungeheuren Laiben bis zu dreißig
und vierzig Pfund Gewicht gebacken und gewinnt gleich dem Weine
durch das Alter an Wohlgeschmack und Kraft. Was aber die Nahr-
haftigkeit betrifft, so darf man annehmen, daß ein Pfund Pumper-
nickel mehrere Psund Weißbrot ersetzt. Übrigens ist derselbe, gut
ausgebacken und mehrere Tage alt, nicht ganz so schwer zu ver-
dauen, wie man gewöhnlich glaubt. Dabei ist er das beste Zahn-
Pulver, da er die Zähne weiß und gesund macht, wie er den Magen
schleift und schärft. Wie wert aber dieses Brot gehalten wird,
ersieht man am besten aus dem Heimweh der Westfalen nach ihrem
Pumpernickel. Studierende lassen sich ihn nach der Hochschule schicken,
und weuu solch ein Leckerbissen angekommen ist, so kann man sicher
sein, daß Westfalen, Osnabrücker und Ostfriesen einander zu Gaste
laden. Also darf man den Gegnern des Gebäcks durchaus nur in
so weit Glauben schenken, als es nicht für zarte und an sitzende
Lebensart gewöhnte Körper geeignet ist. Nennt man es doch im
Lande selbst ,,dat growe Brand".