1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 197 —
kündeten unter dem Kommando des englischen Prinzen von Cum-
berland, welche Friedrich der Große den Franzosen entgegenstellte,
hatte ihr Lager in der Nähe von Bielefeld genommen. Alle in
den Winter- und Frühlingsmonaten eingekaufte Leinwand lag auf
den Bleichen, weil der Prinz Schutz und Sicherheit versprach.
Plötzlich zog sich die verbündete Armee in der Nacht vom 13.
auf den 14. Juni bis an die Weser zurück, und die Franzosen
besetzten die Gegend. Sie sahen mit Frohlocken den ganzen Reich-
tum von Leinen auf allen Bleichen zu Bielefeld und Milse vor
sich ausgebreitet, und wie es war, naß oder trocken, grau oder
weiß, raubten sie alles, packten es auf die Pferde, wanden es sich
um den Leib, zerhauten es mit dem Säbel oder verkauften es für
ein Spottgeld. Das war ein harter Stoß für Bielefeld. Die Kauf-
Mannschaft bewies in dieser bösen Zeit Mut und Standhaftigkeit.
Sie hatte den Vorrat an grauer Leinwand gesichert und einen Teil
der geraubten Leinenstücke im Stillen durch Kauf vom Feinde
gerettet; mit diesem Bestand fing sie frisch den Handel wieder an
und erhielt trotz Krieg und Franzosen das Geschäft in leidlichem
Gange.
Wie sehr die greuliche Plünderung der Bleichen selbst man-
chem Franzosen zu Herzen gegangen war und ihm Gewissens-
bisse gemacht hatte, davon ein Beispiel. Lange Zeit war seit dem
14. Juni 1757 vergangen, da kam im Jahre 1790 ein Brief aus
Frankreich von dem Marquis von Mercieux, Generalleutnant und
Kommandant der Stadt Greuoble, an den Magistrat zu Bielefeld.
Der Herr Marquis bekannte, daß sein Regiment damals auch bei
der Plünderung gewesen sei und er als Oberst seine Leute uicht
sorgsam und kräftig genug in Ordnung gehalten habe. Das
lasse ihm keine Ruhe, und er sei entschlossen, den Schaden nach
Kräften zu ersetzen. Man möge ihm die Größe des Verlustes und
die Leute, welche denselben erlitten, melden. Das ging nicht an,
denn alle Kaufleute hatten gelitten, und den ganzen Wert des
Raubes konnte der Marquis nicht bezahlen. Der Magistrat schrieb
mit Bewilligung der Kaufmannschaft zurück, daß Herr von
Mercieux die Summe, welche er erstatten wolle, dem Bielefelder