1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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in der That bei seinen Lebzeiten hatte. Die Füße sind mit Schuhen
bedeckt, welche vorn spitz zulaufen, oben bis an die Knöchel gehen
und fast bis auf die Zehen aufgeschnitten sind. Das Denkmal hat
mehrere Inschriften in lateinischer Sprache. Die eine lautet deutsch:
„Er (Wittekind) gründete und befestigte dieses Capitel des hei-
ligen Dionysius zur Ehre des allerhöchsten Gottes und beschenkte
dasselbe mit Gerechtsamen und Einkünften. Er starb im Jahre
Christi 807 und hinterließ einen Sohn und Erben seines Reiches,
den Wiegbertus." — Zur Linken steht: „Denkmal Wittekinds, des
Sohnes Warnechin's, des zwölften Königs der Angerer, des tapfer-
sten Herzogs der sassischen Großen." Auf dem breiten Rande des
oberen Tecksteines liest man zu deutsch: „Eines starken Mannes
und Helden Gebein an diesem Ort begraben sein. Wer diesen
König ehrt zur Stund', macht Gott denselben rein und gesund."
Diese Worte waren in alter Mönchsschrift in den Stein gehauen.
Ter Pastor Hermann Heinrich Wacker, welcher von 1679 bis 1715
an der Kirche stand, vertauschte die alte, echte Mönchsschrift mit
gewöhnlichen lateinischen Buchstaben.
Um das Andenken an König Weking wach zu erhalten, wurde
augeordnet, daß jährlich am Sterbelager des Helden, am 6. Januar,
eine Begräbnisfeier und ein Trauergottesdienst solle gehalten werden.
Drei Tage vorher läutete man mittags eine Stunde; am Sterbetage
klangen die Glocken um neun Uhr. Dann versammelten sich die
Schüler von Enger mit ihren Lehrern, die Gemeindeglieder und
besonders die Armen. Nun hielt man den Gedächtnisgottesdienst.
Am Schlüsse läutete der Küster zur Senkung, und dann verteilte
man die Wekings-Spenden. Die Armen erhielten Brot und Wurst
und die Schüler Semmeln, welche von ihrer Form „Timpenstuten"
hießen. Ein einfaches Mahl der Angesehenen des Orts machte den
Schluß. Manche dieser Gebräuche haben längst aufgehört, nur die
Kinder erhalten noch die Semmeln, und damit alle Schüler des
Kirchspiels Enger daran Teil nehmen können, bewilligte die preu-
ßische Regierung einen jährlichen Zuschuß von vierzig Thalern.
So lebt durch diese Spende das Andenken an den Sassenhelden in
den Kinderherzen fort.