1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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In der Umgegend der Stadt und in dem Amte Bünde-Röding-
hausen findet gleichfalls viel Tabak- und Cigarren-Jndustrie statt,
namentlich im Hausbetriebe, am meisten da, wo von deni weniger
fruchtbaren Boden nicht viel Gewinn zu erwarten steht. Das Kirch-
dorf Rödinghausen mit 680 Eingesessenen liegt hoch am Nordfuße
des Wiehengebirges. Tort soll einst Wittekind ein Jagdrevier und
ein Rüder- (Rüden-, Hunde-) Haus gehabt haben. Die Höhe yber^
halb des Torfes und an der Südseite des Thales, in welchem das
kleine Börninghausen versteckt liegt, in der Bergkette, welche
es von dem schwesterlichen Rödinghausen trennt, ist eine Höhe,
welche alle übrigen umher weit überragt und sich oben in eine
breite, mächtige Kuppel wölbt. Kein Punkt der Gegeud bietet eine
so mannigfaltige und weite Aussicht, wie dieser Gipfel. Selbst der
Spiegel des Dümmersees blickt hinter dem Stemmer Berge hervor.
Einst hatte hier ein Nonnenkloster gestanden, welches besonders
auf der Südseite des Berges um das Kirchdorf Röding-
Hausen her reiche Güter besaß. Allein eben dieser Reichtum hatte
bit Klosterjungfraueu mit der Zeit üppig, stolz und hart gemacht,
so daß sie der ganzen Gegend umher ein Ärgernis, den Röding-
hausern aber, welche ihnen meist pflichtig waren, eine schwere Pla^
wurden. Da geschah es, daß ein Mißjahr eintrat. Mangel und
Not wohnte unten in den Thälern. Die Speicher des Klosters
aber waren reichlich versehen, und Üppigkeit herrschte da oben in
hen prächtigen Gemächern. Die Rödinghauser, welche die erleuchteten
Fenster und das Wohlleben in der Abtei beständig vor Augen hatten,
ergrimmten nun vollends. Sie versuchten es noch einmal, gingen
hin und baten um Erbarmen und Hilfe. Schnöde aber wurden sie
abgewiesen. Da sprachen sie: „Ein Stein erbarmt sich ja wohl,
und ihr nicht?" Und darauf hat sich gauz Rödinghausen aufgemacht,
das Kloster erstürmt, die Nonnen verjagt und selbst die Steine des
Gebäudes von dannen geschleppt. Nur einen der Seitentürme hat
man stehen lassen zum Wahrzeichen. Ein Überrest davon ist noch
vorhanden. Und ein Stein, man sagt der Grundstein, hat müssen
liegen bleiben, weil sogar sechs Pferde ihn nicht vom Platz brachten.
Dieser liegt noch immer dort, ein Denkzeichen jener Hartherzigkeit.