1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sogleich erzählt wird, daß der Koch in einem Fische den Schlüssel
gesunden hätte. Liudger läßt sich den Schlüssel zeigen, sieht, daß
es eben der Schlüssel zu jenem Gefängnis ist, und erkennt in
dem Wiederfinden ein Zeichen, daß Gott sein Gebet um Be-
kehrung jenes Sünders erhört habe. Dieser wird alsbald mit der
Ermahnung, fortan nie mehr zu fluchen, sondern bei jeder Witterung
Gott zu loben, in Freiheit gesetzt. Der Mann hat die Ermahnung
stets treu befolgt.
Eines Abends ging der Bischof, um die freie Natur zu ge-
nießen, auf den sogenannten Billerbecker Berg. Da fand er mitten
im Mulde ein kleines erbärmliches Häuschen, und als er näher
kam, sah er eine Frau in der Thür stehen, welche sehr schmutzig
gekleidet und im Gesichte ganz schwarz war. Er ging hinein und
fragte die Frau nach dem Grunde ihrer Unreinlichkeit, worauf
diese ihm antwortete: „Herr, der Brunnen, den du hier siehst, ist
ausgetrocknet, die ganze Gegend ist wasserleer, und ich weiß nicht,
wo ich mich waschen soll!" Kaum hatte die Frau ausgeredet,
so ergriff Ludgerus mit den Händen zwei Gänse, welche eben
neben ihm standen, warf diese in den ausgetrockneten Brunnen und
sprach: „Diese Tiere werden sich durch die Erde einen Ausgang
suchen; gebt genau acht, wo sie wiederum zum Vorschein kommen,
und grabet an dieser Stelle einen Brunnen, welcher euch Wasser
geben wird in Fülle, und der, so lange die Welt steht, nicht
versiegen soll!" Die Gänse arbeiteten sich täglich in die Erde
hinein, gruben sich durch den ganzen Berg hindurch und kamen
am anderen Morgen, zum Erstaunen der Leute, in Billerbeck aus
der Erde hervor. An der Stelle aber, wo sie ans Licht kamen,
entstand eine herrliche, klare Quelle, welche gegenwärtig noch
reichlich fließt und der Ludgerus-Brunnen genannt wird. Das
Bildnis des heiligen Bifchofs steht in Stein darauf abgebildet,
wie er in der Hand seinen Bischofsstab trägt und mit der anderen
auf den Berg hinzeigt, woher die wunderbare Quelle entstanden
ist. Auf dem Billerbecker Berge selbst steht gleichfalls an der Stelle,
wo ehemals der vertrocknete Brunnen war, Ludgerus in Stein
abgebildet, wie er im Begriffe steht, die Gänse in den Brunnen
zu werfen.