1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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mit seinem Eisen, Zink, Blei und Kupfer. Daneben erhebt sich
der Kinbelsberg, vielleicht ursprünglich Kringelsberg von dem Wall-
kringel, Wallringe, einem germanischen Ringwalle zur Verteidi-
gung. Außer andern Sagen von ihm lebt noch folgende im Volke:
Die einzige Tochter des Ritters auf dem Kindelsberge hatte
sich einem jungen Grafen von der Mark verlobt, welcher aber
erst in das heilige Land ziehen wollte, um wider die Ungläubigen
zu streiten. Als die Brautleute von einander Abschied nahmen,
sprach der Graf mit großer Trauer zu dem Fräulein: „So lange
die Linde dort vor dem Burgthore grünes Laub bringt, sollst du
meiner in Liebe gedenken; wenn die Linde aber verdorrt, so darfft
du mein vergessen; denn dann bin ich tot!" Drei Jahre war er
schon ausgeblieben, und keine Kunde war von ihm in die Heimat
gelangt. Da trat der Ritter von Geisenberg (Ginsberg) vor die
klagende Braut und wollte sie heimführen als sein Weib. Sie
aber sprach: „Mit Nichten! Ich will meinem Verlobten die Treue
halten, welche ich ihm geschworen habe. Erst wenn die Linde ver-
dorrt, bin ich meines Versprechens ledig!"
Und der Ritter schlich sich in den Wald und suchte eine dürre
Linde aus, welche der grünen an Gestalt ähnlich war. Die trug
er in stiller Nacht vor das Burgthor und pflanzte sie an die
Stelle der grünen Linde, welche er in den Abgrund warf.
€ Als nun die Jungfrau am Morgen die dürre Linde sah,
erschrak sie in ihrem Herzen, weinte und wollte sich nicht trösten
lassen. Und abermals erschien der Geisenberger und wiederholte
seinen Antrag. Sie aber wies den bösen Mann auch jetzt wieder
von sich und wollte ihrem Verlobten auch noch im Tode Treue
bewahren. Da ward er voll Zorn, zog sein Schwert und erstach
die holde Jungfrau. Daraus aber ergriff ihn Entsetzen wegen
seiner That, er eilte von dannen, zog mit der Pein seines Gewissens
in fremde Lande, und ist nichts mehr von ihm gehört worden.
Am Abend aber des grauenvollen Tages kehrte der Gras von der
Mark aus dem gelobten Lande zurück und fand seine tote Braut.
Als er von seinem großen Schmerze und Jammer sich wieder
erholt hatte, merkte er, was geschehen war; und er schleuderte die