1897 -
Leipzig [u.a.]
: Bibliogr. Inst.
- Autor: Geistbeck, Alois
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Atlas
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
30 V. Das norddeutsche Flachland, Niederlande und Dänemark.
Auch Brüssel (5. J08) war wie Amsterdam und Antwerpen schon im Mittelalter ein
wichtiger Stapelplatz zwischen dem industriereichen Flandern und den Rheinlanden und
wurde bereits im \2. Jahrhundert Residenzstadt der Grafen von Brabant. Charakteristisch
für seine damalige hohe Handelsblüte ist das Stadthaus, eines der berühmtesten Bauwerke
jener Zeit. Die Vorzüge seiner Lage in der Mitte des Landes und zugleich auf der Grenz-
scheide zwischen dem erzreichen Berglande und der fruchtbaren Niederung kamen aber erst
im Zeitalter der Eisenbahnen zur vollen Geltung. Brüssel, das mit seinen neun Vororten
einen lvohnplatz von 500,000 Einwohnern bildet, sucht im Glänze der Straßenanlagen mit
Erfolg Paris nachzueifern. Genau wie Paris ist es auch als Industrie- und Handelsstadt
durch seine Luxusartikel (Spitzen, Teppiche, Möbel, Papier, Leder, Maschinen) berühmt.
Mit den deutschen Seestädten haben wir bereits das Küstenland der westelbischen Tief-
ebene betreten, dessen Beschaffenheit nun eine kurze Übersicht gewidmet sei. Drei Zonen folgen
hier in der Richtung von der Rüste gegen das Innere- aufeinander, -hinter dem zerrissenen
Dünenkranze des Meeresstrandes und dem seichten, während der Ebbe großenteils trocken
liegenden Wattenmeere dehnt sich die baumlose Marsch hin, ein durchweg flaches, teilweise
sogar unter dem Meeresspiegel gelegenes Schwemmland, dessen Überflutung und Zerstörung
nur durch künstliche Dämme (Deiche) behindert wird. In siegreichem Kampfe mit dem furcht-
baren Elemente hat der zähe Friese diese Schutzwälle immer weiter gegen das Meer vor-
geschoben und weite Gebiete dem Anbau erobert. Namentlich in den Niederlanden ist die
Marsch ein Gebiet intensivster Bodenkultur. Zahllose Entwässerungsgräben durchziehen es,
und Pumpwerke heben das Wasser in die zwischen hohen Dämmen hinziehenden größeren
Kanäle, die auch einer regen Schiffahrt dienen (S. J08). Zwischen Haag und dem Felder
steigt daher die Dichte der niederländischen Bevölkerung auf mehr als 200 Einwohner pro
(Quadratkilometer, längs der deutschen Nordseeküste erreicht sie J00—\50.
Binnenwärts folgt die sandige Geest, eine flachhügelige platte aus eiszeitlichen Sauden,
die bei Cuxhaven bis an die Rüste herantritt. Der einförmige und äußerst unfruchtbare Boden
trägt meist nur Heide und Kiefernwald. Diese Bodenschwelle setzt sich durch die Plateaus der
Lüneburger -kreide (J7j m), der Altmark, des Fläming (bis 20j m), der Niederlausitz , der
Ratzenberge und Trebnitzer Hügel (3jj m) längs der deutschen Mittelgebirgsschwelle als süd-
licher Grenzrücken fort.
Der ausgedehnteste und berüchtigste Geest- und Heidebezirk Deutschlands ist aber die
Lüneburger Heide (S. ^09), ein flachwelliges, seenloses Plateau, das mit Ausnahme weniger
Gasen fast nur mit Heidekraut und Ginstergestrüppe, mit dürftigen Kiefernwäldern oder Moor-
gründen bedeckt ist. Jenseits der Lüneburger Heide endlich breiten sich die großen Moore aus,
die einförmigsten und ärmsten Gegenden Deutschlands. Das öde, schwarzbraune Land dehnt
sich in unabsehbare Fernen, bald mit dürftigem Heidekraut oder dunkelgrünen Moosen (vor-
wiegend Sphagnum) bekleidet, bald unterbrochen durch einen breiten Geestrücken, bald unnah-
bare Sümpfe, bald entwässerte Striche mit den ersten Ansätzen menschlicher Kultur bildend. Die
Unterlage der Moore ist dieselbe wie die der Heiden, Sand. Aber während int Heideboden
das Wasser wie in einem Siebe durchsickert und der Oberfläche nur in geringem, unzureichen-
den: Maße zu gute kommt, ist der Untergrund der Moore undurchlässig, da der Sand durch
verwesende Pflanzenstoffe zum sogenannten Ortstein verkittet wird. In dem stagnierenden
Grundwasser siedeln sich alsbald Algen und Moose an, die sich allmählich über den ganzen
Boden hin verbreiten, und deren verwesende Teile den Nährboden neuen Pflanzenlebens bil-
den. Durch ihre geringe lvegbarkeit werden diese Moore zu einer natürlichen Grenze Deutsch-
lands gegen die Niederlande.
2. Das ostelbische Tiefland.
Den arößten Teil des norddeutschen Tieflandes nimmt das Gebiet von der Elbe bis zur
russischen Grenze ein, Ostelbien. Im Norden begrenzt es die Ostsee, ein Binnenmeer, das
nur durch eine schmale und gefahrvolle Meeresstraße, die überdies nicht in: Bereiche des
deutscheu Machtgebietes liegt, mit der Nordsee und dadurch mit dem Atlantischen Ozean in
Verbindung steht. Aber nicht bloß die Abgeschlossenheit der Ostsee, sondern auch die geringe