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1. Erdkundliches Lesebuch für höhere Schulen - S. 81

1913 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
18. Auf dem Wege zum Tien-Schan. 81 Karakorum, wo dem Gebirgsforscher eine große Anzahl an das schwierigste Terrain gewohnter Kulis zur Verfügung steht, die jahraus, jahrein im Gebirge wohnen, für wenige Anas (etwa 25—30 Pfennig) pro Tag (wobei sich diese genügsamen Menschen noch selbst verpflegen) schwere Lasten über Berg und Tal in ihren Kildas <Tragkörben) schleppen. Im Gegensatze zu jenen trefflichen, zähen und ansprnchs- losen Leuten sind die im Tien-Schan-Gebirge zeitweilig nomadisierenden Kir- gisen — bewohnte Hochgebirgstäler gibt es dort nicht, wie schon erwähnt wurde — ein Reitervolk. Solche Leute machen kaum den kleinsten Weg zu Fuß, noch weniger sind sie gewohnt, Lasten aus den: Rücken zu tragen. Unter denen, welche der Hoch- gebirgsjagd obliegen, findet man allerdings ganz passable Bergsteiger, aber an das Tragen sind sie nicht gewöhnt, und über Gletschereis sich zu bewegen, haben sie schon gar keine Ursache, daher auch keine Übung und Erfahrung, ja sogar eine Abneigung dagegen. Außerdem verlangt der Kirgise, trotzdem er bei den Seinen den ganzen Sommer über nur von Khmyß (gesäuerter Pferdemilch) und im Winter noch viel dürftiger lebt, von dem fremden Reisenden, den er begleitet, täglich frisches Fleisch, eine sehr große Brotration und mindestens dreimal am Tage Tee. Hierzu kommt dann noch eine Bezahlung von nicht unter einem Rubel (ca. 2,20 Mark) pro Tag; es erwachsen also dem Reisenden im Tien-Schan die 15 fachen Kosten der bei Himalaya-Expeditionen üblichen; und dabei sind die Leute in ihren Leistungen mit den Kulis, den Trägern in den indischen Hoch- gebirgen, nicht zu vergleichen. Es lag also die große Schwierigkeit auch für mich in der Frage, ob es mir möglich sein würde, geeignete Mannschaft in genügender Zahl zur Durchführung meiner Pläne anwerben zu können. Der russische Chef des Karkara-Bezirks empfahl mir außer einer Anzahl Kirgisen, die er mir stellte, auch noch die Aufnahme einiger der Bergjagd obliegenden Leute aus den ansge- dienten femiretfchenskifchen Kosaken der Stanitza Narynkol im Tekes-Tale, die ich ohnedies auf meinem Wege zu passieren hatte. Auf die meisten dieser Leute trifft jedoch das gleiche zu, was ich über die Kirgisen mitteilte, und obendrein sind sie in hohem Grade dem Trünke ergeben. Ich will daher schon jetzt hervor-- heben, daß mir das schlimmste Elend, mit dem ich auf dieser an Sorgen, Auf- regungen und Enttäuschungen überreichen Expedition zu kämpfen hatte, aus der Trägertruppe erwuchs. Wiewohl ich die Leute alle bergmäßig ausrüstete, mit genagelten Schuhen, Steigeisen, Schneereifen, Pickeln, Rucksäcken usw. versah, konnte ich doch der Schwierigkeiten nicht Herr werden, die mir teils aus der Unfähigkeit, teils aber auch aus dem üblen Willen, der Disziplinlosigkeit und Habsucht meiner Leute erwuchsen. Für manche Mißerfolge, besonders des ersten Expeditionsjahres, sind überhaupt zum guten Teile diese Verhältnisse verantwortlich zu machen. Im zweiten Jahre erhielt ich auf mein Ansuchen üom Generalgouverneur von Turkestan eine Eskorte aktiver Kosaken, tress- licher, aus dem Altaigebirge stammender, also gebirgsgewohnter und, wie ich rühmend hervorheben muß, auch sonst ganz ausgezeichneter Leute. Hier- Zu kam dann noch ein aus der Heimat nachgeschickter zweiter heimischer Wütschke, Erdkundliches Lesebuch für höhere Schulen. 6
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