1913 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Wütschke, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
23. Die Ugandabahn in Britisch-Ostafrika.
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Der von den deutschen Häfen am Viktoriasee ausgehende Karawanen-
verkehr landeinwärts ist übrigens zum Teil auch begünstigt durch Frachten für
das tiefe Hinterland des Kongostaates. Die Zahl der jährlich von Muauza nach
Tabora und Udjidji beförderten Karawanen hat sich nach Eröffnung der Uganda-
bahn im Handumdrehen verzehnfacht. Der weitaus größte Teil dieser Lasten
sind Transitgüter, die von Mombassa mit der Ugandabahn herausgekommen
sind; die nach Udjidji beförderten Lasten sind fast ausschließlich Kongolasten, für
deren Transport in Muanza eine eigene Firma — Entreprises Commerciales
du Victoria-Nyansa — besteht; aber auch von den nach Tabora gehenden Gü-
tern geht ein beträchtlicher Teil nach Udjidji weiter, von wo die Waren dann
in den Kongostaat eingeschmuggelt werden.
Was den Anteil der drei deutschen Häfen Muanza, Bukoba und Schirati
insgesamt an der Ausfuhr über die Ugandabahn anbetrifft, so teilt Fuchs fol-
gende Daten mit: Die Ausfuhr der drei Häfen über die Ugandabahn belief sich
1906/07 auf 4059 Tonnen gegenüber 2160 Tonnen im Vorjahre, das ist eine Stei-
gerung von 88%. Hervorzuheben ist die Steigerung der Ausfuhr von Erdnüssen
aus Muanza, die 155% betrug. Das enorme Wachsen der Ausfuhr von Schirati
von 56 auf 676 Tonnen fällt hauptsächlich auf Erdnüsse, Sesamsaat und Sanse-
vierenhanf.
Die über alles Erwarten günstige Entwickelung der Ugandabahn und be-
sonders ihre überraschende Wirkung auf die von ihr erschlossenen deutschen Ge-
biete hat manchem, der bisher die Notwendigkeit des Eisenbahnbaues in un-
seren Kolonien nicht einsehen wollte, vor Augen geführt, daß der Eisenbahn-
bau im tropischen Afrika heute kein Sprung ins Dunkle mehr ist, sondern daß
Projekte, die auf Grund genauer Kenntnis der wirtschaftlichen Werte des be-
treffenden Landes in Angriff genommen werden, von vornherein den Kern
einer gesunden Entwickelung in sich tragen. —
Welch einen gewaltigen Umschwung die Ugandabahn in den Handelsver-
Hältnissen unserer deutschen Viktoriaseeländer herbeigeführt hat, wie sie sich nicht
nur des Handels von Bukoba, Muanza und des Kilimandscharogebietes bemäch-
tigt hat, sondern ihren Einfluß weit ins deutsche Gebiet, bis vor die Tore von
Tabora und Udjidji, ausgedehnt hat, wurde schon dargelegt. Mombassa, vor
rund zehn Jahren noch ein unbedeutendes Fischerdorf, hat die Vormacht-
stelluug Sansibars im ostafrikanischen Handel mehr und mehr an sich ge-
rissen und ist heute zweifellos der bedeutendste Handelsplatz an der oft-
afrikanischen Küste. Die Tatsache allein, daß von dem küstenwärts gehenden
Warenverkehr der Ugandabahn nahezu die Hälfte aus den deutschen Häfen
des Viktoriasees stammt, müßte genügen, uns zum schleunigen Bau einer
deutschen Bahn zum Spekegols zu veranlassen; dabei würde eine solche Bahn-
linie zum allergrößten Teil durch wirtschaftlich wertvolle Gebiete geführt
werden, während die Ugandabahn eine tote Strecke von beinahe 500 km. zu
durchlaufen hat.