1913 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Wütschke, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
32. Die vorpermischen Gebirgszüge in Europa.
151
Valenciennes an bis an den Rhein, und nachdem er diesen in der Sigmoide^)
überschritten hat, noch eine Strecke weit an der Ruhr; seine weitere Fortsetzung
im Osten liegt in den niederschlesisch-mährischen Kohlenflözen. Es folgt gegen
Innen eine breite, vorherrschend devonische Zone in den Ardennen und am Rhein
bis zum Südrande des Taunus, im Harz und in den entfernteren Teilen der
Sudeten. Die noch weiter gegen Innen gelegenen Zonen bestehen sehr vor-
herrschend ans kristallinischen Felsarten; sie sind durchzogen von enger gefalteten
Zonen von Silur, Devon und Kulm und bilden die Rheingebirge vom Taunus
bis zum südlichen Ende des Schwarzwaldes, das Fichtelgebirge und Erzgebirge
mit dem Franken- und Thüringerwalde, das Riesengebirge und einen Teil der
Sudeten.
Dieser Bogen ist wie das armorikanische Gebirge hauptsächlich gegen den
Schluß der Karbonzeit, jedenfalls vor dem Rotliegenden, aufgefaltet und zu
verschiedenen Zeiten zerbrochen worden. Aber auch hier sind posthume Be-
wegungen eingetreten, und diese zeigen sich am deutlichsten in den kretazischen
Mulden der Sudeten. Große Transgressionen über die Falten beginnen bereits
im Oberkarbon, so z. B. im Kohlenrevier an der Saar.
Die höchsten Gipfel dieses alten Gebirges lagen wahrscheinlich an der Stelle
der Ballons der Vogesen, im südlichen Schwarzwalde, auf der Linie von da zum
Erzgebirge, auf diesem und an der Innenseite des sndetischen Bruchstückes. Nir-
gends aber treten die Umrisse einzelner alter Gebirgskerne so deutlich hervor
als vor dieser Hauptlinie, in der Münchberger Gneismasse bei Hof und in dem
sächsischen Granulitgebirge. Es ist daher entsprechend, daß in dem Lande der
Varisker, dem Vogtlande, der Name des die meisten deutschen Horste umfassenden
Gebirges gewählt werde, und es wird dasselbe nach der Curia Variscorum (Hof
in Bayern) das variskische Gebirge genannt werden.
Übersicht der vorpermischen Gebirgszüge in Europa.
Die Zusammengehörigkeit der armorikanischen Horste oder doch einiger dersel-
den ist, wie wir sehen, bereits vor Jahren von englischen und französischen For-
schern ganz richtig erkannt worden. Ebenso spricht das Bewußtsein der Zusammen-
gehörigkeit eines großen Teiles der variskischen Horste deutlich genug aus Lossens
lehrreicher Schrift über die Beschaffenheit der Gebirgskerne von den Ardennen
bis zum Altvater. Diese Schrift zeigt zugleich, warum zur Zeit L. v. Buchs,
als man noch nicht hinreichende Kenntnis von dem Lande besaß, um Bruchlinien
von dem Streichen der Falten zu unterscheiden, auch die Struktur des Landes
nicht in einer Weise erfaßt werden konnte, welche den heutigen Erfahrungen ent-
sprechen würde. Einen beträchtlichen Teil der variskischen Horste hat auch Penck
als „mitteldeutsche Alpen" unter gleichzeitigem Hinweis auf ihr karbonisches
Alter zusammengefaßt.
x) Unter S. ist eine Verschiebung des Gebirges zu verstehen, hier am Rhein in der Weise,
daß das rechtsrheinische Kohlengebirge weit mehr gegen Norden gerückt ist als das linksseitige.
— D. H,