1913 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Wütschke, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Europa söhne Deutschland).
40. London.
Von Friedrich Hahn^).
Wenn auch die „blühende Anfiedlung an der Themse", wie sie Charles Lyell
bezeichnet^) hat, bei Cäsar nicht ausdrücklich genannt wird, so spricht doch Taci
tns schon von der Menge der in London zusammenströmenden Kausleute und
Waren. Da der Name der Stadt (== Stadt am See oder Sumpf) ein keltischer
ist, war London wohl schon lange vor der Römerzeit ein blühender Ort, und eben -
so gibt es auch in der späteren englischen Geschichte keine Periode, in der Lon
don gänzlich zurückgetreten wäre. Das römische London, von dem sich manche
Reste noch erhalten haben, umfaßte nur einen Teil der heutigen City, das mittel-
alterliche London wuchs allmählich an der Themse aufwärts und abwärts, griff
auf das Südufer des Flusses über und dehnte sich nach Norden zu den nächsten
Ortschaften aus, die allmählich durch bebaute Straßenwege mit der schon längst
als riesenhaft groß betrachteten Stadt verbunden wurden. Zahlreiche verheerende
Seuchen, von denen das enggebaute und ungesunde London des Mittelalters
betroffen wurde, vermochten das allmähliche Wachstum der Stadt ebensowenig
aufzuhalten wie die mannigfachen kriegerischen Verwicklungen und aufständischen
Bewegungen, in welche Londons Bewohnerschaft hineingezogen wurde. Der
große Londoner Brand von 1666 zerstörte viele der alten Häuser, schaffte Luft
und Licht und war für die spätere Entwicklung der allerdings hart betroffenen
Stadt sogar von Nutzen. Schon unter der Regierung der Königin Elisabeth er-
schien das Wachstum Londons so besorgniserregend, daß ein Verbot der Anlage
neuer Wohnhäuser erging, natürlich ohne daß damit die Vergrößerung der Stadt
aufgehalten werden konnte. Mit dem Beginn der Eisenbahnzeit wurde das Wachs-
tum der Stadt ein immer rascheres, London ist aus seiner Grafschaft Middleessex
noch in drei andere, Surrey, Kent und Essex, hineingewachsen; zahlreiche der
benachbarten Ortschaften verschwanden in dem Häusermeer, Deptsord, Green-
wich, selbst Woolwich können kaum noch als selbständige Ortschaften betrachtet
werden, sie sind Stadtteile Londons geworden.
Liegen nun physische Gründe vor, welche das gewaltige Aufblühen
gerade dieser Stadt erklärlich erscheinen lassen, oder ist alles der Energie und der
Gunst der politischen und kommerziellen Verhältnisse zuzuschreiben? Einige
geographische Vorzüge hat die Lage Londons allerdings aufzuweisen, man darf
sie aber auch nicht überschätzen. Zunächst liegt die Stadt an der inneren Grenze
des Seeverkehrs auf der Themse. Die Themse mit ihrer breiten Mündung und
ihren lebhaften Gezeiten ist ein höchst geeigneter Fluß für das Einfahren großer
Seeschiffe. Beide Ufer von London bis zum Meere sind mit Anstalten und Werk-
stätten bedeckt, die auf Schiffbau oder Seehandel Bezug haben, und die ganze
x) Die britischen Inseln. In: K i r ch h o f f s Länderkunde von Europa, 2. Teil, 1. Hälfte,
S. 248 ff. Wien, Prag, Leipzig 1890, Tempsky & Freitag.
2) Lyell, Reisen in Nordamerika. Deutsch von W o l s f. Halle 1846. S. 356.