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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 15

1890 - Gotha : Behrend
Allgemeine'üb er ficht. 15 die in den verschiedenen Gegenden verschiedene, aber immer höchst malerische Kostüme tragen, sind wegen ihrer Schönheit berühmt; mit unnachahmlicher Grazie tanzen sie die Tarantellas, oder „schlingen" den Fandango, nach dem sich Geibels Zigeunerbube im kalten Norden sehnt. Sie schlagen zum Tanze die Castagnetten^) und erfreuen den Zuschauer durch bald langsame, bald leidenschaftlich schnelle Bewegungen des Körpers, wie sie der Charakter ihrer Nationaltänze erfordert. — Die Lebensweise des Spaniers ist sehr einfach und monoton. Eine gewisse Gleichgültigkeit hindert ihn, für die Zukunft oder für den Er- werb, der über das tägliche Bedürfnis hinausgeht, zu sorgen. Nichts- thnn und Rauchen bilden seinen liebsten Zeitvertreib. Das Land ist schwach bevölkert. Stundenlang sucht der Reisende auf den Hoch- ebenen der beiden Kastilien nach Spuren von Menschen. Höchstens ein Hirt, zu Pferde seine Tiere weidend und mit der Lanze bewaffnet, begegnet ihm, wenn nicht der unheimliche Blick eines Räubers aus dem Verstecke ihm auflauert. — Von der niederen Bildungsstufe, auf der sich das spanische Volk noch befindet, zeugt sein Hauptvergnügen, die Stiergefechte. Die Autodafss, welche die Inquisition einst zum Schreckeu, aber auch zum Ergötzen des Volkes abhielt, sind verschwunden; dafür erfreut sich arm und reich, hoch und niedrig im Cirkus an den Todes- quälen der gereizten und dann nach allen Regeln der Kunst ver- wundeten Stiere und feiert die siegreichen Matadores, wie man bei uns große Künstler feiert. Am nächsten unter den Völkern romanischen Stammes sind uns Deutschen die Franzosen. Wenn man die Eigentümlichkeit der Fran- zosen schildern will, so läuft man Gefahr, nur diejenigen der Pariser zu schildern, denn Frankreich ist so sehr abhängig von seiner Haupt- stadt, und diese bildet so sehr den Mittelpunkt des gesellschaftlichen und politischen Lebens, daß man sie wohl das Herz Frankreichs genannt hat. Der Kundige wird wissen, wie scharf sich der Bewohner der Normandie von dem Gascogner, und der Picarde von den Nachbarn der Pyrenäen unterscheidet. Für den fernstehenden Beobachter erscheint leicht ganz Frankreich im Lichte von Paris. Durch den Krieg von 1870/71 sind wir Deutschen mannigfach in nähere Berührung mit den Franzosen gekommen und haben Gelegenheit gehabt, die Licht- und Schattenseiten ihres Charakters kennen zu lernen. Sonderbar ist es, daß der Ausspruch Casars von den alten Galliern auch noch von den heutigen Bewohnern dieses Lands gilt. Er nennt sie „lebhaft, rasch auflodernd in Liebe und Zorn, doch unschwer zu besänftigen, veränder- lich in ihren Neigungen, tapfer, besonders stürmisch im Angriff." Die Eigentümlichkeiten des sanguinischen Temperaments, die in diesen Wor- ten ausgesprochen sind, sind auch die Eigentümlichkeiten des französischen Volkscharakters. Die Franzosen sind rasch zu erregen und zu begeistern. *) Die Tarantella, ein Volkstanz nebst dazu gesungener Volksweise, des. in Sicilien und Kalabrien üblich, nach der Stadt Tarent genannt. — **) An den Händen befestigte Klappern.
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