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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 32

1890 - Gotha : Behrend
32 Bilder aus Ost-Europa, Bild. Die Wände und der aus tannenen Planken gezimmerte Fuß- boden sind schwarz; denn im Winter geht in der Porte das Feuer nicht aus, das jetzt, genährt durch grabe Tannenscheite, von dem in der Mitte angebrachten massiven Herd hoch auflodert und, seinen roten Schein überall hinwerfend, die noch hier und da in den Fugen des Gebälks eingeklemmten brennenden Späne überflüssig zu machen scheint. Hier in diesem Räume, durch feine Zwischenwand getrennt, finden wir den Hausherrn mit feiner ganzen Familie und mit den Haustieren friedlich vereint. Die Frauen sind bei ihren Handarbeiten, am schnurrenden Spinnrad oder am Backtrog, die Männer finden wir Schlittschuhe schueideud und Schlitten zimmernd: die Kinderscharen erblicken wir herumspielend oder kriechend, und ihr Geschrei wechselt mit dem Gackern der zahlreichen Hühnerfamilie ab. Endlich nahe bei der Thüre steht das Pferd vor seiner Häckselkrippe. In solcher Porte lebt der Finne, soweit die Geschichte, ja die Sage zurückreicht. Jetzt verschwindet sie allmählich; an ihrer Stelle findet man oft die im Grunde nur wenig von ihr verschiedene Tuba (Stube). In den südlichen Knstengegenden und auf den Schären haben die Bauernhäuser viel Ähnlichkeit mit denen der Schweiz. Die über- hängenden Dachplaukeu sind zum Schutz gegen die Feuchtigkeit mit einer Mooslage belegt, und diese grünen Dächer gewähren einen eigen- tümlicheu, eben nicht unangenehmen Anblick, Im Südosten des Landes, in Karelien und besonders in den Kirchspielen am Ufer des Ladoga, da erblüht die heilige Blume der Dichtkunst noch urkräftig. Hier giebt es vielleicht uicht ein Kirchspiel, das nicht unter seinen Bewohnern einen oder mehrere Dichter zählte. Es siud schlichte Bauern. Zuweilen machen sie ihre Verse aus dem Stegreif und fingen sie gleich bei einem Feste; oft auch arbeiten sie dieselben sorgsam aus. Sie tragen sie in ihren Gedanken herum, des Morgens, wenn sie znr Arbeit gehen, des Abends, wenn sie von des Tages Mühen ausruhen. Oft machen mehrere zusammen ein Gedicht. Wenn in einen: Kirchspiele zwei befreundete Dichter wohnen, kommen sie zuweilen in ihren Mußestunden zusammen. Dann setzen sie sich quer über eiue Bauk einander gegenüber, sassen sich gegenseitig die Hände, und nun beginnt vor einer zahlreich versammelten Zuhörerschaft von Männern, Frauen und Kindern der Gesang. Der eine beginnt unter fortwährendem Wiegen seines Oberkörpers die erste Strophe, der andere wiederholt sie. Während dieser Zeit macht er die zweite; dann überläßt er die Fortsetzung seines Liedes seinem Freunde und über- nimmt nun selbst die Rolle des Wiederholers. So machen sie lange und meist gute Gedichte. Oft messen sich auch mehrere in einem Sängerwettstreit. Jeder der Dichter muß der Reihe nach und ohne Zögern das Wort nehmen. Die Leichtigkeit, mit dem er seinem Gegner antwortet, ist es, die man vorzugsweise bewundert. Der Inhalt dieser Gesänge ist entweder eine Naturschilderung oder eiue Verherrlichung dieser oder jener Hauptbeschäftigung der Finnen, des Jagd- oder Hirten- lebens, oder irgend ein freudiges oder trauriges Ereignis, das sich im
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