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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 48

1890 - Gotha : Behrend
48 Bilder aus Ost-Europa. topfe, Bonquets, Setzlinge, Fliegenwedel, Rechen, Gartenmöbel, Kote- letts, Würste, Schinken, lebende und geschlachtete Kapaunen, Enten, Wald- und Feldhühner werden in eigentümlichen, meist melancholisch- eintönigen Lauten ausgerufen, dem Eingeweihten schon weithin Der- ständlich und unterscheidbar. Mit der Abnahme der Sommerzeit der- schwinden sie gleich den Schwalben und den Städtern, so daß der arme Bauer zuletzt wieder mit allen seinen Bedürfnissen ans die Lafka (die Krämerbude) angewiesen ist. Der Bauer — ein großenteils hübscher Menschenschlag — hat von dem alljährlichen großen Verkehr der Städter wenig materiellen und noch weniger geistigen Vorteil. In traurigen kleinen Holzwohnungen, oft nur in Hütten wohnt er den Sommer, indes er seine Datsche und oft sein eigenes Haus ver- mietet. Er erscheint bei seinen Mietern nur, um sein Geld (meist im voraus) einzuziehen, sein Wasser und Holz teuer zu verkaufen, oder ihnen etwas abzuzwacken. Selten, und ungern nach mehrmaligem Rufen erst erfüllt er die kleineu ausbedungenen Arbeiten zur Rein- Haltung des Gärtchens und der Wege; im ganzen ist er scheu und listig gegenüber seinem bezahlenden Gaste aus der Stadt. Von den verschiedenen Datschen und Zimmern hat er oft mehrere hundert bis tausend Silberrubel (= 3,25 Mark) einzunehmen. Davon hat er sich schon am Ende des Wiuters Vorschüsse geholt, um dadurch die schwerste Zeit seines Lebens zu fristen und die Datsche auszubessern, davon bezahlt er seinem Herrn die Abgabe, dem Krümer seine Schulden, und behält oft nichts mehr in den Händen. Jedenfalls werden sie durch diese bequeme und reichliche Einnahme nicht reich, wohl aber faul. Angenehm zu sehen sind sie Sonntags, wenn der Gutsherr ihnen eiue Musik in seinem Parke aufspielen läßt, wenn sie tanzen, singen, schaukeln, oder wenigstens zusehend und zuhörend umherstehen und gehen. Ihre Tracht ist malerisch und bunt, ihr Gang und Be- nehmen nicht ohne Anstand, ihre Züge oft schön; sie sitzen und stehen in schönen Gruppen meist eng verschlungen oder Hand in Hand. Ihre Gesänge sind eintönig, oft von sehr lebhaftem Rhythmus, meist traurig, fast ohne Melodie; ihr Singen sehr kunstlos und, mit dem Gesang württembergischer Bauern, schweizerischer Hirten, venetianischer Gon- deliere, neapolitanischer Improvisatoren verglichen, unschön. Dagegen sind ihre Tänze dramatisch, belebt, feurig und graziös; einer derselben hat große Ähnlichkeit mit dem „Langaus" der bayerischen Bergbewohner, nur ist er gewandter und feiner. Von Musikinstrumenten habe ich nur die Ziehharmonika ziemlich verbreitet gefunden. Eine Datsche höhereu Stils gleicht einer Sommerwohnung in Döbling und Hitzing oder in Mendon und Enghien, einem englischen Landhaus oder einem Schlößchen am Starnberger See, möglicherweise auch einer palermitanischen Villa aufs genaueste, je nachdem der Besitzer oder Erbauer hier oder dort sein Ideal gefunden; eine gewöhnliche Datsche aber ist ein hölzernes Gebände, welches bald mehr einem rus- sischen, bald mehr einem tirolischen Bauernhaus, bald einem stil- oder geschmacklosen Stadthaus ähnlich sieht, Holzfarben oder weiß mit grünem
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