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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 73

1890 - Gotha : Behrend
Die südrussischen Steppen. 73 und Schafe. Sobald diese in die Nähe der weiten Schlachthöfe ge- kommen sind, aus denen ihnen der faule Blutgeruch entgegen weht, sträuben sie sich, wollen nicht weiter, brüllen und stöhnen und können nur durch List und Gewalt abteilungsweise in den Hof gebracht werden. Hier befällt sie Zagen und Zittern, sie verschmähen das dargebotene Futter, hängen den Kopf in banger Todesangst und müssen mit Ge- walt in den Schlachtsaal getrieben werden, wo ihnen die rohen Schlacht- knechte mit schwerer Axt das Rückgrat zerschmettern, daß die Tiere mit unsäglichen Schmerzen verenden. Bis an die Knöchel waten die Schlächter mit den Stulpstiefeln in Blut, auf dem Hofe sammeln sich Blutlachen, schleppen Huude, Geier, Nabeu, Seemöwen sich mit Ein- geweiden und Fleischresten umher und raucht es in den Talgsiedereien Tag und Nacht. Ahnliche Schrecknisse erlebt das Wild in der Steppe, denn der Herbst bringt die Steppenbrände, die absichtlich und unabsichtlich an- gelegt werden. Meilenweit ist die Steppe ein Fenermeer, welches den nächtlichen Himmel rötet. Knisternd und fußhoch züngelnd schreitet der Brand vor, hier schnell über dichtes Gras laufend, dort langsamer am holzigen Gestrüpp zehrend oder von einer Schlucht oder von einem Wege aufgehalten. Funken fliegen empor, dort knistert die dünne Königs- kerze wie eine Rakete, hier zischt das feine Büschel des Seidenkrantes, und ein schwüler Gluthauch weht von der Flamme herüber. Da fliehen Wolf und Hund, Vogel und Amphibie, da stürzen wilde Herden in wildem Jagen davon und müssen sich oft durch einen kühnen Lauf durchs Feuer retteu. Noch grauenhafter wird der Brand, wenn ein Schilfwald brennt, und ein Feuerstrom knisternd und prasselnd das Thal herabzieht. Wie schwirren da die Bogelscharen schreiend empor, kommen Wölse aus dem Dickicht geschossen und stürzt mancher fliegende Pelikan oder Hänfling in das Feuer! Nach dem Brande erscheinen endlich die Winterstürme und fegen die Steppe rein. Sie brechen das dürre Schilf, knicken der Windhexe den Kopf ab und treiben ihn hüpfend wie einen Federball über die Steppe, bis er in ganzen Wolken ins Meer fällt. Bald sinkt auch Schnee nieder und deckt die Steppe zu, so daß sich die Herden ihr karges Futter unter dem Schnee hervor- scharren müssen. Jetzt treibt sie der Hirt in die Umzäunung des Winterschuppens, der nur zum kleinsten Teil bedeckt ist. Frierend und hungernd drängen sich die Tiere aneinander, um sich zu erwärmen, doch manches erliegt dem Klima und dem Mangel. Auf der Steppe aber treiben die rafenden Schneestürme ihr Spiel, welches denen Ver- derben bringt, die von ihnen überfallen werden. Bei heiteren Himmel bricht der Schneesturm heulend herein und rast gewöhnlich drei Tage. Er hebt den lockern Schnee vom Boden aus, wirbelt ihn durcheinander und sendet dann zugleich aus schweren Wolken ein furchtbares Schneewetter herab, daß Erde und Himmel in wirbelnde Schneewogen aufgelöst scheinen. Da kann man °kein Auge öffnen, keine Richtung finden, sondern wird vom Sturm willenlos fort- getrieben. Werden Herden von ihm auf der Steppe überfallen, so sind
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