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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 79

1890 - Gotha : Behrend
Die südrussischen Steppen. 79 schlossenen Haufen hinein, schießen und scheuchen darin umher, um ihn so, da er weder vorwärts schreiten noch sitzen bleiben kann, zum Auf- fliegen zu zwingen. Glückt ihnen dies, oder fanden sie ihn gleich beim ersten Anzüge noch in der Lust, so beginnen sie nun ein Lärmen wie die Jagd des wilden Jägers. Einige haben große Tücher an Stangen gebunden, andere tragen brennende Strohwische an langen Fackelstäben in die Höhe. Sie wedeln, flaggen, schießen, jauchzen, trommeln, klingeln und bringen die ganze Atmosphäre m Aufruhr. Die erschreckten Heuschrecken, die vielleicht schon im Fallen begriffen waren, steigen dann wieder etwas höher, und indem die Leute, im lärmenden Tumulte über Thal und Hügel springend, ihnen beständig folgen, gelingt es ihnen nicht selten, den Schwärm über ihre Äcker und ihr Dorf schwebend hinwegzuführen. Haben sie das Meer oder einen Liman (Mündungsbusen) in der Nähe», so suchen sie ihn allmählich auf die Seite ins Wasser zu treiben. Führt ein starker Wind die Heuschrecken ins Meer hinaus, so ist es merk- würdig, daß sie, darin niederfallend, sich nicht in einer breiten Schicht darauf hinlegen, fondern sich pyramidenweise anhäufen, so daß, wo einige Millionen niederfielen, sich eben dahin auch die andern setzen, wie auf eilte, gleichsam durch die Leiber der audern gebildete, trockene Insel. Indem sich dann alle auf solchen einzelnen Inseln anhäufen, bilden sie so verschiedene, im Meere schwimmende, gegen 1/2 m hohe Berge, die durch all die sich anklammernden Beinchen und Gebisse fest zusammen- hangen und mehrere Centimeter tief ins Waffer gehen. Ist ihnen der vom Lande wehende Wind stark entgegen, so werden diese Heuschrecken immer weiter ins Meer hinausgetrieben und kommen so allmählich um. Doch muß der Wind stark sein; denn können die Tiere ihm nur einigermaßen entgegenarbeiten, so kehren sie wieder um. Die, welche oben auf dem Trockenen der Insel sind, fliegen wieder auf und kommen gegen den Wind ans Land zurück. Die, deren Flügel genäßt find, suchen sich schwimmend ans Ufer zu arbeiten; und kommen sie dazu, — die Heuschrecken haben, so wenig sie das Wasser lieben, doch ein zähes Leben und ertrinken nicht leicht, — so sitzen sie dann zu Milli- ouen auf dem Sande des Ufers, schlagen mit den Flügeln, trocknen sie schnell und schließen sich dem Zuge der übrigen an. Die ertrunkenen werden ebenfalls allmählich ans Ufer getrieben, färben hier den Schaum der Brandung fchwarz und bedecken den Rand des Waffers in langen Dämmen wie ausgeworfener Seedünger. ^ Gelingt es nicht, auf die angegebene Weise den im Felde liegenden schwärm in die Höhe zu bringen, was z. B. bei Regen oder auch nur bei feuchter Luft durchaus unmöglich ist, weil dann die Heuschrecke matt am Boden liegt und kaum dem sie zertretenden Fuße ausweicht, so bleibt dann nichts anders übrig, als die bereits bedeckten Äcker preiszugeben und so viele als möglich zu verderben, um wenigstens das Übel zu mindern. In den Gärten zertritt und zerschlägt man sie auf alle mög- liche Weise. Es ist kein Fuß und keine Hand in der ganzen Steppen- gegend, die nicht schon viele Tausende dieser Unholde gemordet hätte.
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