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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 94

1890 - Gotha : Behrend
94 Bilder aus Süd-Europa. einem Gebirge oder von einer bevorstehenden hoch bedeutsamen Scenerie ist nirgends ein Anzeichen vorhanden. Nach drei Viertelstunden gelangt der Wanderer in ein Dörflein, Matann genannt. Hier wird ihn ein Führer, der ihn begleitet, aus ein Loch in der Mauer aufmerksam machen mit der Weisung, seinen Kopf durch dasselbe hindurch zu stecken. Es ist nicht im geringsten übertrieben, wenn man behauptet, daß an keiner einzigen Stelle des Alpengebietes sich ks Reisenden eine derartige Überraschung bemächtigt wie hier. Geht man großen und wilden Scenen des Hochgebirges entgegen, so naht man sich ihnen in keiner Weise uuvor- bereitet. Hier, wo wir die Wunder der Unterwelt schauen, ist es anders. Hier ist der Wanderer auf einer Ebene gegangen, und die gewaltigen Schrecknisse der zerrissenen Erdkruste und ihrer donnernden Wasser ent- hüllen sich nicht über ihm, sondern unvermutet zu seiueu Füßen. Die Erde bricht sozusagen plötzlich ab. Der Wanderer sieht, daß er auf einem Hohlräume gegangen ist, es bemächtigt sich seiner ein unheimliches Gefühl. Diese Empfindung wird verstärkt durch das Dröhnen eines Flusses, welches aus dem Abgrunde heraufdringt, gegen welchen er hinabschaut. Sein Blick vermag nicht bis in die Tiefe zu dringen. Nun schleppt ihm der Führer einen schweren Stein herbei, der alsbald im Bogen dort hinabstiegt. Lange Zeit vergeht, bis der Aufschlag in der unsichtbaren Tiefe die Ankunft des Felsbrockens meldet. Der Reifende geht verblüfft einige Schritte weiter und gelangt zu eiuem Kirchlein, welches dem heil. Eantianus geweiht ist. Er ist nun- mehr schon darauf gefaßt, die großen Erscheinungen unter sich zu sehen, und in der That klafft hier vor ihm ein kreisrunder, mächtiger Felsen- trichter, 150 Meter ties. Aus seinem Schlünde donnert es herauf, und wir sehen noch dazu ein schwarzes Portal, 30 bis 40 Meter hoch, durch welches die Fluten den Gebieten der Nacht entgegenrauschen. Was hat es nun mit diesem Flusse für eine Bewandtnis? Darauf wird man dem Reisenden antworten, daß der Fluß hier Reka genannt wird, weiter im Osten aber, jenseit Trieft, urplötzlich aus einer Felsen- spalte heraus als jener Timavus ins Meer tritt, welchen die römischen Dichter verherrlicht haben, dessen Andenken bis zum Zuge der Argo- nauteu und zur Flucht des thracischeu Diomedes zurückreicht. Kurz gesagt: Man sieht einen mächtigen Fluß durch ein großes Portal in das Reich der Nacht eingehen, und eiuen anderen großen Fluß, 40 Kilometer östlich davon entfernt, hervorbrechen, um sich nach wenigen Schritten mit der Salzslut zu vereinigen. Zu allen Zeiten hat die Einbildungskraft der Menschen sich mit dieser Erscheinung beschäftigt. Immer wurde die Frage aufgeworfen: Wie ist der Lauf dieses Flusses in der Unterwelt beschaffen? Ist es wirklich die Reka, welche als Timavus zum Vorschein kommt? Wie sehen die Hohlräume, Hallen und Gänge aus, durch welche der nächtliche Strom rauscht, und ist es nicht möglich, zu Schiff in diese niemals gesehenen Gebiete vorzudringen? In der That hat man hier in verschiedenen Jahrhunderten den einen oder anderen Versuch gemacht, dem näher zu treten, was die
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