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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 138

1890 - Gotha : Behrend
138 Bilder aus Süd-Europa. stnden. Noch heute lebt die gesamte deutsche Kunst von diesem Dahin! Dahin! und so lange wird die deutsche Kunst nicht aussterben, als sie die Sehnsucht, das Heimweh nach dem Süden wahr und ganz suhlt und empfindet." (Vilmar, Zum Verständnis Goethes S. 5.) Wohl ist dem Drange der nach Italien flutenden Völkerwanderung Einhalt gethan, wohl haben die frommen Römerzüge aufgehört; die Sehnsucht der Deutschen nach Italien ist aber damit nicht gestorben. Sie hat seitdem, wenn auch nicht in dem ganzen Volke, so doch in den Herzen einzelner Männer sortgeglüht mit ihrer ganzen Macht, und zwar um so stärker, je mehr in denselben das Wesen des deutschen Volkes klar und kräftig hervortritt. In wie manchem Dichterleben bildet eine italienische Reise eine Glanzepoche und eine so entscheidende Wendung, daß man danach vor- und rückwärts zählen möchte! Goethe hat seine Sehnsucht nach Italien zum Inhalte eines seiner am tiefsten empfuudeuen Lieder gemacht. Wer hat ihm nicht nachgefühlt die Schmerzen und die Qualen, die sein Herz durchzogen, als er das sehn- fuchtsvolle Mignonlied sang! Kurz vor seiner Abreise nach Italien hat er, wie er gegen Herders Frau äußerte, täglich geweint wie ein Kind. Glück, Freundschaft, Thätigkeit, Liebe — alles verließ er, um Italien, das Land feiner Träume, der Träume seiner Kindheit, seiner Jünglingsjahre, seines Mannesalters zu sehen. Wer hätte auch nicht selber schon besonders in jüngeren Jahren, eine solche Sehnsucht uach dem herrlichen Süden empfunden mit seiner unvergleichlichen Natur und seinen Denkmälern herrlicher Kunst! Und wer zählt die große Anzahl von Reisenden, die, getrieben von diesem Drange, alljährlich nach Italien strömen, um in diesem paradiesischen Lande aufzuatmen und in der Fülle der dort aufsteigenden Gefühle zu schwelgen! Woraus erklärt sich aber diese wunderbare Sehnsucht der Deutschen nach Italien? Die Frage drängt sich unwillkürlich bei einer Erscheinung auf, die so einzig in ihrer Art dasteht. Drei Gegenstände sind es besonders, an denen sich ein offener Sinn in Italien laben kann: die Größe und Herrlichkeit der Natur, die überal l ausgestreuten Denkmäler der Kuust und die Bedeutung Italiens für die Weltgeschichte überhaupt, wie auch .speziell für die deutsche Geschichte. Über alles aber reicht die Größe und Herrlichkeit der italienischen Natur. Sie ist größer und herrlicher als die Kunstdenkmäler Italiens, weil die Kunst aus ihr nur Stücke darstellen kann; sie ist größer und herrlicher als die geschichtlichen Thatsachen, die sich auf jenem klassischen Boden vollzogen haben, weil vor ihrer ewigen Jugend die Menschen- geschlechter hinsterben. Die Naturschönheit Italiens ist es deshalb auch besonders, welche von jeher die Deutschen nach jenen hesperischen Gefilden gezogen hat. Wer auch hätte sich noch nicht gesehnt, das sorglose, ruhig hin- schlummernde Naturleben zu genießen, zu durchstreifen die kleinen malerischen Gebirgsftüdte mit epheuumrankter, malerischer Verfallenheit, um feine von rastloser Thätigkeit und verzehrender Lebensunruhe aus-
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