Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 148

1890 - Gotha : Behrend
148 Bilder aus Süd-Europa. deren blühenden Wechselformen das Auge mit sprachloser Wonne hangen bleibt. Dieses prachtvolle Panorama ist näher und fernerhin teils von niedrigeren Berggeläuden, teils drüber hinaus von einem blauduftigen Alpengürtel umsäumt, dessen lichtumflosiene, in violetten Purpur ge- kleidete Häupter sich mit dem duukelu Himmelsblau vermählen. Wie hehr und stillselig ist hier alles ringsum! Das Freudengezeter der Cikaden erfüllt wie ein millionenfacher, wortloser Psalm die Lüste; die sanftbewegten Maulbeerbäume glänzen in langen Linien überallhin; das Heer der sorgsam geordneten Gewächse steht unter einem Himmels- glänze da, wie ich zuvor nichts gesehen, und alles atmet in einem süd- lichen Sonnenelemente, das sogar der Luft einen würzigen Geruch ver- leiht. Von einem Maulbeerbaume zum andern schlingt der Weinstock seinen festlichen Kranz, und auch die dunkelgrünen, säulenartigen Cypressen begrüßen den Wanderer nicht selten, besonders aber links drüben vor dem stattlichen Lustschlosse eines Beronefers, wo sie in regelmäßigen Gliedern wie Grenadiere der Kaisergarde Napoleons her- überschanen. Biel süßes Licht mit wenig Schatten ist das Bild dieser vortrefflichen, für den Deutschen so fremdartig reizenden Gegend, und wenn unser Germanien mit seinen schattigen Bergwäldern prangt, so ist Italien besonders durch seinen Himmel schön, der alles mit doppeltem Sonnenglanze beleuchtet. Unter einem nordischen Firmament würde es viel von seinem Schmucke verlieren. Was uns an Italien so wnn- dersam erscheint, ist jener Hauch der ewigen Jugend über den Gräbern großer Vergangenheit, jene holde, sich stets erneuernde Lebensfülle, jenes heilige Stillleben der Natur im Bunde mit längst verschwundenen Geistern — ein unaussprechliches Gefühl, das niemand fchöner be- fungen hat als Goethe in seinem herrlichsten Siebe: „Kennst du das Land, wo die Citronen blühn?" Darum weiß auch der deutsche Jüng- ling kein glänzenderes Ziel für feinen Zugvogeltrieb zu finden als den schmalen, hinter der Alpenwelt sich hinunterziehenden Landesstreif, der seine durch zwei uuerlöschliche Vulkane ausgezeichnete Südhälfte bis in die Nähe des fremden Afrikas erstreckt. 2. Kaum findet sich eine ähnliche Mannigfaltigkeit schöner Natur zum zweiten Male auf der Welt so vereinigt wie in Italien. Machen wir einen kleinen Streiszug durch Flur und Wald, um uns davon zu überzeugen! Der Morgen blitzt so frisch und duftig durch die Wald- kühle, die neckischen Eidechsen °mit ihren klugen Augen schlüpfen über den Weg oder sonnen sich auf altem Steingetrümmer, bunte Schlangen rascheln im vorjährigen Laubabfall der immergrünen Eichen. Die Kastanien blühen, ' und ihr würziger Dust mischt sich mit dem des blühenden Weinstocks und all der wildwachsenden Blumen und blühen- den Gesträuche. Dazwischen schmettern jubelnde Nachtigallen. Zwischen Hecken von Lorbeer und anderen Büschen, umsponnen von Epheu und wilden Reben, von weißblühender Winde und duftigen Monatsrosen, schlängeln sich bergauf und abwärts einzelne steile Fußpfade, nur für
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer