1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
214
Bilder aus Süd-Europa,
die verschiedenartigsten Uferbildungen, von der niedrigen Schlammdüue
bis zur rebengekrönten Felsenwand, ja, im Osten die hochgetürmten
Schneegipfel des Kaukasus zurückstrahlt, berührt mit seinen Wellen,
zwei Weltteile scheidend, russische Gebiete und Teile des türkischen
Reiches. Die Ausdehnung der dasselbe umgebenden Ufer beträgt 3000
km, seine Oberfläche etwa 480000 qkm, seine bedeutende Tiefe im
Durchschnitt 300 m. Es erhält seine meisten Zuströmuugen aus
Europa (Donau, Duiestr, Dniepr, Don u. s. w.) und nimmt den
Niederschlag von 1800 000 km in sich ans.
Der Zusammenhang mit dem Hauptbecken wird vermittelt durch
eiue prächtig gegliederte Doppelstraße: jene der Dardanellen und
des thracischeu Bosporus. — Durch die Dardanellen gelangt der
Schiffer aus dem Ägäischen Meere in das Marmorameer, die Pro-
fi ontis der Alten. Den Eingang zu demselben von Osten her bildet
der etwa 30 km lange, bis zu 2 km sich verengende Bosporus, wo
das goldene Horn als prächtiger Hafen von Konstantinopel tief ein-
dringt. In sieben schlangenförmigen Winduugeu zieht dann diese
Straße von Konstantinopel bis zum Schwarzen Meere, das von West
nach Ost eine Länge von 1050, von Süd uach Nord eine Breite von
450 km hat. Nach Nordost hin nimmt die Küste immer mehr einen
flachen Charakter an; von der Müuduug des Duiestr an beginnen die
Strandlagunen, Limane, mit ihrer eigentümlichen Bildung, welche teil-
weise an die Haffe und Nehrungen der Ostsee erinnern. Bon Norden
her erstreckt sich in den an Eilanden ganz armen Pontus die Halb-
insel Krim nach Süden hin; sie ist mit dem Festlande nur durch die
schmale Landenge von Perekop verbunden; das Wasser im Westeu
derselben wird als totes, jenes im Osten als faules Meer bezeichnet.
Durch die Straße von Kertsch, den kimmerischen Bosporus, ge-
langt der Schiffer zu den Getreidehäfen des Asowschen Meeres,
das im Gegensatze zum Pontus sehr seichtes Wasser und viele Untiefen
aufweist. An den Ostküsten des Schwarzen Meeres fehlen gute Häfen,
deren auf der Nordküste von Kleinasien mehrere vorhanden sind. Der
Pontus war schon in alten Zeiten von Seefahrern belebt; an ihm
haben sich stets Völker verschiedener Abstammung berührt, Semiten,
Hellenen, kaukasische Stämme, Sarmateu und mongolische Seythen,
Italiener, Russen, Türken :c. Seine Bedeutung für den Getreide-
Handel hat er sich dnrch alle Jahrtausende hindurch bewahrt und wird
sie auch behaupten, weil sein Um- und Hinterland stets auf den Acker-
bau angewiesen bleiben muß. Gegenwärtig wird es bis in die Mün-
dnng des Don hinein von Dampfern befahren, an seinen Gestaden
enden heute bereits einige Schienenstränge, und im südlichen Winkel
liegen Häsen, welche Endpunkte für den persischen Karawanenhandel
bilden.
Keine andere Region der Erde hat einen solchen Kranz altberühmter
Handelsstädte aufzuweisen, wie das Mittelmeer. Welche Erinnerungen
knüpfen sich an Tyrus, Sidou, Karthago, an Milet, Athen, Korinth,
an Syracus und Rom; an Konstantinopel, Venedig, Genua und Pisa,