1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Pyrenäen und ihre Bewohner.
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rück. Wo ist in den Pyrenäen ein Genfer-, Tuner- oder Bierwald-
städtersee? Das viel gerühmte anmutige Thal Camp an, wie weit
wird es übertroffen durch die Gegenden von Jnterlaken und Luzern?
Der gewaltige Cirkus von Gaverne mit seiner hohen Cascade, am
Fuße des schneebedeckten Mont Perdu, darf sich nicht messen mit der
Gletscherwelt der Allse blanche oder dem Falle der Tosa.
Auch hinsichtlich dessen, was den Gegenden mehr als irgend etwas
anderes Leben giebt, hinsichtlich der Tierwelt und des Menschen, be-
haupteu die Alpen den Vorrang vor den Pyrenäen. Zwar haben
beide Gebirge den Steinbock, die Gemse und das Mnrmeltier gemein,
aber die unvergleichlichen Herden der Schweizer und Tiroler Alpen über-
treffeu weit den Viehstand in den Pyrenäen. Auch verleiht die durch
geschmackvolle Tracht gehobene und mit körperlicher und geistiger Stärke
verbundene Schönheit der Bewohner eines großen Teils der Alpen
diesen einen unbeschreiblichen Reiz, der den Pyrenäen mangelt. Ein-
fachheit und Reinheit der Sitten sind in den Pyrenäen besonders durch
den verderblichen Einfluß des Kouterbaude-Handels, nicht weniger als
in manchen Teilen der Alpen durch die zur Üppigkeit und zur Annahme
der Gewohnheiten des Auslandes verleiteten Scharen durchziehender
Fremdlinge zurückgedrängt und suchen in den verborgenen Thälern Schntz.
2.
Zu beiden Seiten der Pyrenäen wohnt das Volk der Basken.
Das spanische „Baskonien" umfaßt die ganze Provinz Guipuzeoa,
fast gauz Biskaya, einen großen Teil von Navarra und etwas mehr
als ein Viertel der kleinen Provinz Alava. Das französische
Baskenland bildet weniger als die Hälfte und mehr als ein Drittel
des Departements der Unterpyrenäen; dasselbe umfaßt beinahe das
ganze Arrondissement von Bayonne und den größten Teil des Arron-
dissements von Maulsou.
Das spanische Baskenland besteht aus zwei Teilen. In dem einen,
der einen zentralen Gebirgsstock bildet, spricht und kennt das Volk nur
Baskisch; iu dem andern, einer Übergangszone, wird Baskisch und
Kastilianisch gesprochen. Diese im Osten und Westen ziemlich breite
Zone wird in der Umgegend von Vittoria enger und wird es noch
mehr nordöstlich von Pampelona, wo sie so ziemlich ein Ende nimmt;
aber zum Baskenlande gehört sie unbestreitbar.
Dieser Landesteil wird wohl bald ganz kastilianisch werden. Das
Spanische ist amtliche Sprache, allgemein im Handelsverkehr, jedermann
versteht sie bereits, und so ist leicht abzusehen, was nicht ausbleiben
wird. Das Baskische weicht immer mehr nach Norden zurück, und so-
mit setzt sich eine Bewegung fort, welche bereits zu Anfang unseres
Jahrhunderts in dieser Richtung begonnen hat. Man braucht nur um
ein oder zwei Menschenalter zurückzublicken, um dieses Zurückweichen zu
verfolgen.
In Frankreich haben die Dinge einen ganz andern Verlauf ge-
uommeu. Hier ist die baskische Sprachgrenze viel regelmäßiger. Aller-