1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus Süd-Europa.
hüte, schwarze Leibbinden und sehr lange Röcke, die meist barfuß
gehenden Frauen und Mädchen kurze, bunte Röcke mit schwarzer Doppel-
binde um den Leib, ebensolche Filzhüte und meist reichen Goldschmuck,
wenigstens sehr große lang herabhängende Ohrgehänge. Sehr beliebt
sind bei ihnen die goldenen Filigranarbeiten, welche Oportos Gold-
schmiede in vorzüglicher Güte liefern. So tragen die Bäuerinnen und
Pächtersfrauen der Provinz bei festlichen Gelegenheiten, wo sie zu
Pferde oder Esel nach Oporto iiu buntesten Sonntagsstaat zu kommen
pflegen, Herzen von riesiger Größe in hohlem Goldfiligran an einer
schweren, zwei- bis dreimal um den Hals geschlungenen Goldkette.
Schön gearbeitete Kreuze sind auch bei deu Damen Oportos sehr be-
liebt. Die kleidsame Mautille, welche dieselben früher wenigstens beim
Kirchenbesuch trugen, ist gänzlich verschwunden.
Oporto besitzt viele Bilduugs-, Unterrichts- und Erziehungsan-
stalten, öffentliche wie private, und reiht sich in dieser Hinsicht den
vorgeschrittensten Städten Europas au. Die Herren und Damen der
gebildeten Stände sprechen fast alle Französisch und Englisch, und selbst
der eigentliche Bürgerstand zeichnet sich durch Bildung und feine Welt-
sitte vorteilhaft aus. Musik ist sehr geliebt; fast in jedem Hause er-
tönt Pianosorte- oder Guitarrenspiel. Konzerte, Bälle, Soireen in
verfeinertem europäischen Stile finden nirgends in Portugal in solcher
Menge und reicher Abwechselung statt, wie in Oporto, und bezüglich
liebenswürdiger Artigkeit und ungezwungenen Gesellschaftstons, sowie
herzlicher und uneigennütziger Gastfreiheit Fremden gegenüber stehen
die Portueufen unter allen Portugiesen obenan. Daß es eine Menge
Gesellschaftslokale (Casino und Assemblse die hervorragendsten), Cafes,
gute Hotels, glänzende Kaufläden u. s. w. giebt, bedarf kaum der Er-
wähnung. — Die immer mehr im Aufblühen begriffene Industrie
Oportos hat sich von den Engländern, die sie früher ganz beherrschten,
fast unabhängig gemacht. Es giebt über 400 Fabriken; besonders
blühen die Baumwollen- und Seidenmanufaktur. Am Handel von
Oporto sind nächst England besonders Brasilien, die Vereinigten
Staaten, Frankreich und Hamburg beteiligt. Die Hauptausfuhrartikel
siud Wem, Vieh, Kork, Obst, rohe Seide und Wolle, Hüte und Schuh-
waren. Zur Beförderung von Industrie und Handel dienen mehrere
Versicherungsanstalten und 11 Banken. Die Schiffahrtsbewegun^ ist
bedeutend (schon 1871 liefen 1059 Schiffe ein); leider erschwert die
Barre (Sandbank) an der Mündung des Douro, welche schon manchem
Schiffe deu Untergang gebracht hat, die Einfahrt. Dieselbe ließe sich
entfernen, aber die Portueusen wollen davon nichts wissen, da sie
einen natürlichen und wirksame» Schutz gegen feindliche Angriffe zur
See bildet. M, Willkomm.
12. Gibraltar.
Gibraltar ist unleugbar einmal ein Felsen inmitten des Meeres
gewesen; dieses hat jedoch im Verlaufe der Zeit Sand zwischen Fels
und Festland hineingetrieben und sie vereinigt.