1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Englisch e Parks.
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und Blumen grünen und blühen viele fremdländische, die stark genug
sind, den Winter im Freien ansznhalten; doch fehlen die Obstbäume.
Der eigentliche Park wird von den zum Herrenhause unmittelbar
gehörigen Ländereien gebildet; er nmfaßt Äcker und Wiesen, von
lebendigen Hecken zierlich umzogen und vou wohlgepflegten Kieswegen
zum Fahren und Gehen durchschnitten; auch finden sich hier einige
Wirtschaftsgebäude von gefälliger Form, die indes ihre Bestimmung
andentet. Unvergleichlich schöner Rasen und prächtige, in Gruppen
verteilte Bänme, vornehmlich Eichen und Buchen, bilden eine Haupt-
zierde der englischen Parks. Enge, durch dichten Schatten und Gebüsche
sich hinschlängelnde Lanbgänge wird man in dem Parke vermissen,
ebenso ansgedehnte Gehölze und Haine, denn diese sind in England
ebenso selten wie meilenweite Waldnngen. Man möchte sagen, es fehle
in diesem englischen Park an Schatten, wenn nicht gerade in diesem
Lande die Lnst so überaus mild, die Sonnenstrahlen selten recht hell
nud heiß wären, also das Bedürfnis des Schattens zurückträte. Tagegen
wird es in diesem Parke nie an Wasser fehlen. Zwar findet man
Wasserfälle und Springbrunnen seltener, doch wird der Besitzer die
Kosten nicht scheuen, um einen Bach oder Fluß, der in der Nähe fließt,
in mannigfachen Krümmungen durch feinen Park leiten zu lassen.
Fehlt es au fließendem Wasser, so wird wenigstens der Versuch gemacht
werden, einem stehenden Kanäle den Schein davon zu verleiheu. Mau
giebt ihm eine leichte natürliche Krümmung, verdeckt Anfang und Ende
mit überhängendem Gebüsch, baut schöne Brücken darüber und sucht so
das Auge zu täuschen; oder man verwandelt die Ufer eines Teiches in
die unregelmäßigen Umgebnngen eines kleinen Sees, denn überall strebt
man das Schöne an und flieht das Gesuchte und Steife. Bewuuderus-
würdig erscheint in der Anordnung der Bäume die sorgsame Gruppierung
derselben nach der Höhe, der Eigentümlichkeit des Wuchses sowie der
dunkleren oder helleren Färbuug der Blätter. Wie der Maler in der
Anordnung der Gegenstände und in der Verteilung der Farben den
Gesetzen der Schönheit folgt und eine harmonische Verbindung aller
Einzelheiten mit einander anstrebt, so hier der Gärtner in der eng-
tischen Parkanlage. Das Auge darf befriedigt auf derselben ausruhen
und sieht sich sogar öfter in der Entfernung der Gegenstände auf
das angenehmste getäuscht. Kein Wunder, 'wenn eine aufmerksame
Beobachterin die Schöpfer solcher Parks „wahre Landschaftsmaler im
großen, ja fast die einzigen eigentlichen Künstler der Nation" genannt
hat, „da dieselben jeden Vorteil, den Oplik und Perspektive ihnen bieten,
vortrefflich zu benntzen wissen, ohne doch dabei ins kleinliche zu ver-
fallen."
Und diesem lebendigen Gemälde fehlt es nicht an der notwendigen
Staffage. Hunderte von halbzahmen Hirschen und Rehen weiden auf
den saftigsten Wiesen der Welt, mit ihnen zugleich gar verträglich die
schönsten Pferde. Kühe und Ziegen, besonders in der Nähe des Hauses,
wo sich die Wiesen wie ein weicher grüner Teppich ausbreiten. Und
die kräftigen, schönen Gestalten dieser Tiere, die Leichtigkeit ihrer