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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 357

1890 - Gotha : Behrend
Aus dem hohen Norden. 357 Wer Herr einer Herde von 1900 Renntieren ist, gilt für einen reichen Mann. Wird dem Lappländer ein Kind geboren, so beschenkt er es mit einem Renntierkalbe; bekommt es den ersten Zahn, so wird es wieder mit einem solchen Geschenk bedacht. 2. In Hammerfest ist die lange Nacht die Zeit der Rnhe für alles Handelsleben, und man möchte sagen: am Polarkreise setzt die Natur dadurch dem ruhelosen Menschengeschlechts einen Markstein seiner Thätig- keit. Das Wasser ist öde, die Fische haben Frieden, der schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmigen Feuer und warten dort im trägen Winterschlafe, bis der neue Tag er- scheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in Ordnung, und dann sitzen sie wohl am Spieltische Tag und Nacht, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Komödie und sehnen sich endlich uu- ruhig nach der Zeit, wo der Lichtstreif im Osten hervorbricht. In Hammersest wohnt außer den Kanileuten kein anderer gebildeter Mensch als ein Pastor und ein Arzt. Die Zeit der langen Nacht ist doch nicht ganz so, wie wir sie uns vorstellen. Die Sonne geht freilich acht Wochen unter den Horizont, und vier Wochen lang, von Mitte Dezember bis Mitte Januar, ist tiefe Finsternis, so daß beständig Licht gebrannt werden muß. Indes ist sie doch nicht so schwarz, daß nicht bei hellem Wetter zur Zeit der Mittagsstunde eine Art Dämmerung einträte, bei der man am Fenster eine halbe Stunde oder eine ganze lesen könnte. Die Sterne stehen dabei glänzend hell am Himmel; Nordlichter sind auch hier nicht so selten als mehr südlich. Ist aber trübes Wetter, so herrscht die finsterste, ununterbrochene Nacht. Mitte Januar wird die Dämmerung lichter, und ist der Tag erst einmal angebrochen, so wächst er auch rasch. Nun gleicht die Natur den Unterschied aus, und im Juni und Juli beschreibt die Sonne Kreise um den Himmel, ohne sich jemals vom Horizonte zu entfernen. Der ganze Unterschied zwischen Mittag und Mitternacht ist dann, daß die Strahlen etwas bleicher und matter werden, ohne daß sie aufhören, die belebende Wärme zu verlieren. Es ist sehr eigentümlich, daß, so lange diese tageshelle und sonnenvolle Nacht dauert, der Wind ganz schweigt und eine durch nichts gestörte Ruhe in der Natur herrscht, als wolle diese dadurch die Zeit des Schlafes ankündigen. Mit dem Morgen erhebt sich der Wind wieder, und die Wetter werden losgelassen von den Nebelgeistern und abends eingefangen; die Sonne der Nacht scheint aber oft so heiß, daß sie lästig werden kann. Ein Bekannter erzählte mir, daß, als er sich in Hammer- fest auf einem Balle befand und gerade um Mitternacht an den Bord des Schiffes zurückfuhr, die Sonne so mächtig war, daß er den Rock auszog. Das Thermometer zeigte 18 Grad. Dieser anhaltende Tag und Sonnenschein macht es wohl auch allein möglich, daß noch Ernten gedeihen. Wie seltsam ist aber der Mensch? Reiche Handelsherren bringen
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