1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus dem mittleren Europa.
oft aber sind solche Zäune gar nicht ausführbar. Bei nassem oder
neblichtem Wetter darf dann das Vieh gar nicht auf solche abschüssige
Triften gelassen werden. Es ist die Sache der Sennerin, das Wetter
und die Örtlichkeit richtig zu beurteilen. Ebenso liegen die Teile einer
und derselben Alp oft sehr zerstückelt, und es muß jeder Teil zur rechten
Zeit und auf die rechte Weise benützt werden. Da ist es wiederum der
Sennerin Sache, zu bestimmen, wann dieses oder jenes Alpenstück be-
fahren wergen müsse, oder ob es besser sei, das Gras abmähen oder
oom Vieh abweiden zu lassen.
Wenn nämlich das Wetter das Austreiben des Viehes verbietet,
so haben die Sennerinnen Futter in ihrer Hütte nötig, das in der
Nähe oft nicht hinreichend gefunden wird. Auch brauchen sie Futter
für das unruhige Vieh, damit es während des Melkens stille stehe.
Viele Sennerinnen singen auch bei diesem Geschäft, und sie haben
ihr Vieh so eingewöhnt, daß es bei diesem Gesänge besonders ruhig
bleibt. Doch hilft eiu wenig Futter in der Regel besser. Sie nennen
dieses Futter das „G'löck", wahrscheinlich von „locken". Dieses Gras
nun wird auf einigen Grasplätzen geholt, wohin die Tiere nicht zu kommen
vermöchten; aber es trägt sich zuweilen zu, daß die armen Mädchen dabei
ihr Leben verlieren.
Die Sennerin ist wegen des Schadens, der ihrem Vieh znstößt,
verantwortlich, indem alles ihrer Fahrlässigkeit zugeschrieben wird. Daher
darf auch eine Sennerin, der im Sommer ein Tier, wäre es auch nur
ein täppisches Kälbchen oder ein wilder Ochse, vom Felsen stürzte, keine
feierliche Abfahrt in geschmücktem Zuge von ihrer Alpe halten. Sie
darf sich weder selbst mit Blumen schmücken, noch ihr Vieh, dem sie
statt der Kränze die Stallkette um die Hörner windet. Auch nur die
fleißige, pflichtgetreue Sennerin, die nicht in müßigem Zwiegespräch die
Zeit verbrachte, darf darauf hoffen, daß man aus dem Thal ihr mit
Musik entgegenkommen werde. Nach Duller, Sartori, Umlauft und Kohl.
5. Die Donau von Passau bis Wien.
Jenseit Regensburg fließt die Donau in beträchtlicher Breite und
mit vielen Krümmungen dahin. Das rechte Ufer ist niedrig und mit
Schilfe bewachsen und grenzt an die weite fruchtbare Ebene an, welche
die „Kornkammer Bayerns" heißt. Links zeigen sich schöne gefällige
Bergzüge, die Ausläufer des Bayrischen Waldes, die allmählich näher
an den Strom herantreten. Man kommt an Straubing und Deggeu-
darf vorüber und sieht den Einfluß der Isar in die Donau. Noch ist
Vilshosen uicht erreicht, da machen sich auch auf dem rechten Ufer
Bergzüge bemerklich. Höhen von sanfter Abdachung kränzen nun beide
Stromufer. Auf der Weiterfahrt erfreuen einfach liebliche Landschafts-
bilder das Auge. Laub- und Nadelwald bekleidet die Höhen, ans dem
Verstecke des Waldes aber lugen vereinzelte hölzerne Häuser mit bunt-
gemalten Altanen und überhängenden Dächern — ein hübsches Vor-
spiel der Alpendörfer — heraus. Da erscheint nach einer Wendung