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1. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 496

1890 - Gotha : Behrend
496 Bilder aus dem mittleren Europa. Burschen, und ein Kampf mit ihnen wäre eine gefährliche Sache. Man kann sie in zwei Klassen scheiden, nämlich in die, welche die Zucht- und Nutzrinder der Gemeinde hüten, und in solche, welche die großen Herden von Mastochseu kommandieren, die man zum Verkauf in die Fremde treibt. Erstere kommen selten oder nie über die Grenzen ihres Hottars, letztere aber kommen oft genug weit und breit herum, indem sie mit ihren Herden auf gemieteten Weidetriften umherziehen und sie, wenn sie feist geuug sind, ins Ausland zu treiben haben. Sie sehen wild aus, und wenn sie dem fremden Reisenden, besonders des Abends, be- gegnen, so wird sich dieser in iher Nähe sehr unheimlich fühlen In ihre Pelzbunda, zuweilen wohl auch iu einen kuhhärenen Plaid ge- wickelt, einen langen, starken, mit einer scharfen, eisernen Spitze ver- sehenen Stab in der Linken, in der rechten eine drei Klafter lange, oben wie ein Kinderarm dicke Peitsche, die schwarzen, verworrenen Haare um das Gesicht flatternd und dazu mit einer Stimme begabt, welche derjenigen ihrer Pflegebefohlenen wenig nachsteht — das sind Erscheinungen, die nur ein Mutiger ruhig anschaut. So wenig, im ganzen genommen, ihr Dienst beschwerlich ist, und so wohl sie sich dabei befinden, so müssen sie doch zu Zeiten sehr auf den Füßen sein. Das ist namentlich im heißen Sommer der Fall, wo zahllose Schwärme von Insekten die Rinder oft bis zum Wahnsinn plagen, und diese dann wohl halbwütend ausreißen; aber gar bald werden sie mit dem spitzen Seepter iu ihre Schränken zurückgewiesen. Die ungarischen Rinder sind bei weitem behender als die deutschen, und es ist zum Erstaunen, welche Schnelligkeit sie im Laufen besitzen. Sie haben eine hohe, schlanke Gestalt, und aus ihren muntern Augen leuchtet ein leb- Haftes Temperament. Wird durch den Insektenstich ihre Ungeduld auf das höchste gesteigert, so rennen sie im Galopp davon, zuweilen nach allen Himmelsgegenden, zuweilen aber auch in geschlossenen Haufen. Diefen in den Wurf zu kommen, ist ebenso gefährlich als einer rennen- den Büffelherde iu den nordamerikanischen Prairieen. Ist eine solche Verwirrung in die Herde gekommen, dann müssen sich die Hirten aus der nächsten besten Pferdeherde beritten machen, weil sie außerdem nicht imstande wären, das Vieh wieder zusammenzubringen. Die Gonasseu (Schweinehirten) sind unter allen Hirtel! am meisten berüchtigt, und man hält sie in Deutschland fast gleichbedeutend mit Straßenräubern. Diesen Ruf haben sie vorzüglich ihren Brüdern im Bakonywalde zu verdanken, die allerdings in früheren Zeiten viel Räubereien und Mordthaten verübt haben. Da die Gouaffen sich viel im Walde aufhalteu, weil iu Ungarn viel Eichelmast ist, so verwildern sie noch mehr als die andern Hirten, sind auch schwerer zu beaufsichtigen und im Zaume zu halten. Sie verüben besonders gern Viehdiebstähle, und da sie an den Schweine- Herden, die sie hüten, gewöhnlich ihren Anteil haben, oftmals auch alleinige Eigentümer derselben sind, so können sie die gestohlenen Stücke leicht verstecken. Um nun von zwei Übeln das kleinste zu wählen, schließen gemeinlich die Eigentümer von Schweineherden, be-
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