1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
10 Bilder aus dem Deutschen Reiche.
ebenfalls flacher Seestrand, jedoch ohne Marschen und Deiche, oder
Sandboden, selbst mit verheerendem Flugsand. Dagegen hat sie, an
den Odermündungen, und noch mehr in ihrer Osthälfte, eine eigentümliche
Küstenbildung, Ha sse oder Strandseen, die durch schmale Küstenzungen,
Nehrungen, vom offenen Meer gesondert und fast ganz abgeschlossen
sind (das Kleine und das Große Haff, das Putziger Wiek, das Frische
Haff, das Kurische Haff). Sonst ist die Küste fast geradlinig, außer
au den anmutigen Hügelgestadeu von Holstein und Mecklenburg bis
Wismar, dort mit der Lübecker Bucht und mit dem besten Stationsort
für die deutsche Ostseeflotte, der Bucht von Kiel.
Die Gezeiten, Ebbe und Flut, find hier fast unmerklich (etwa 2");
die Tiefe geringer als die vieler Alpenseen, häufig kaum 30—40 m,
im Durchschnitt höchstens 60 in, und nirgends über 260 m. Bemerkens-
wert ist der Fischreichtum der Ostsee, sowie der Bernstein, der bei
stürmischem Wetter au das Ufer von Ostpreußen und Kurland gespült
wird und schon die phönizischen Seefahrer herbeilockte.
Wiewohl ihre Wellen minder furchtbar siud, als die der Nordsee,
so ist doch auch die Ostsee durch die Kürze ihrer Wellen — denn je
enger ein Meer, desto kürzer sein Wellenschlag —, dann durch den
häufigen Wechsel der Winde und heftige Stürme, durch seichte Küsten
oder Klippen, durch ihre Eisschemel und Nebel für den Seefahrer gefahr-
voll. Auch sie hat ein abgehärtetes Schiffervolk erzogen.
So arm an Inseln die Nordsee ist, so reich die Ostsee. Zwar
an den deutschen Küsten liegt anßer den Münduugsiuseln der Flüsse
nur Rügen, aber Dänemark besteht in seinem Hauptteile aus lauter
Inseln, Schweden hat mehrere Gestadeinseln, ebenso Estland (vor dem
Rigaschen Meerbusen), besonders aber taucheu vor den felsigen Küsten
Finnlands und Schwedens ganze Meissen kleiner Felseninseln und Klippen
auf, die Schären, welche die Beschiffung ungemein erschweren.
Die Ostsee ist in mehrere große Seebecken gegliedert: zuerst zwischen
Deutschland, Dänemark und Schweden die eigentliche Ostsee oder das
Baltische Meer, 4570 Q.-M. groß, dann dringt zwischen Kurland,
Livland und Estland der Rigasche Meerbusen ein. zwischen Estland
und Finnland bis Petersburg der Finnische Meerbusen, und zwischen
Finnland und Schweden der Bottnische Meerbusen; zusammen mißt
dieses ganze System von Binnenmeeren 7700 Q.-M. oder 420000 qkm,
in der Breite längs der deutschen Küste etwa 100 M, in der Länge von
da bis zum Schlüsse des Bottuischeu Meerbusens (bei Tornea) 187 M.
Mit der Nordsee ist sie, über den Dänischen Archipel (d. i. Inselgruppe)
hinüber, mittelst dreier Meerengen verbunden, den Kleinen und Großen
Belt zwischen den dänischen Inseln und den dänisch- schwedischen „Sund".
Da die Belte als beinah unfahrbar galten, so benützte Dänemark den
Sund bis auf die neueste Zeit als Fiuauzquelle, indem es von allen
durchfahrenden Schiffen einen hohen Fahrzoll erhob, der jedoch 1857
mit bedeutenden Summen abgelöst wurde. Eine künstliche Perbindung
zwischen Ostsee und Nordsee ist auch vermittelst der Eider durch den
Schleswig-Holsteinischen Kanal hergestellt, der vornehmlich in milden