1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder vom deutschen Rhein.
als das Sinnbild gemeinsamer, unverbrüchlicher Treue zu Kaiser und
Reich!
3.
Trotz der 200 jährigen Trennung vom Reiche ist den Elsässern
deutsches Wesen und deutsche Art nicht verloren gegangen und hat sich
namentlich auf dem Laude erhalteu. Ebenso sind alle Bemühungen der
französischen Machthaber, die deutsche Sprache aus dem Elsaß zu ver-
drängen, erfolglos gewesen. Die Bewohner der schönen Landschaft bilden
einen kräftigen Schlag. Von jeher lieferte das Elfaß dem französischen
Heere tüchtige Soldaten, und während in den altfranzösischen Provinzen
von je 100 jungen Leuten 37 untauglich waren, betrug diese Zahl im
Elsaß nur 27 Leider schwindet die eigentümliche Tracht des Elsässer
Stammes mehr und mehr, und die kurzen Hosen, die langen Strümpfe,
das rote Brusttuch, der eckige Hut, die mit Pelz von Iltis und Marder
verzierte Kappe (Kopfbedeckung) werden in vielen Gegenden des Landes
nicht mehr für zeitgemäß gehalten.
Der elsässische Bauer ist äußerst sparsam, uur nicht bei den
„Leichenimbsen" (Leichenessen), Kindtaufessen oder der „Meßti" (Kirch-
weih). Großer Luxus an Kleidern, Speisen, Gebackenem und Wein
zeigt sich bei Hochzeiten. Bor der Hochzeit muß der „Handstreich"
oder Ehekontrakt abgethan sein, wobei besonders alle Bestimmungen,
die auf die Mitgift Bezug haben, gerichtlich festgestellt werden. Dabei
ist es Sitte, daß die Braut die Unterschrift verweigert und entläuft,
sich zuletzt aber wieder einfangen und zur Uuterzeichnnng des Schriftstückes
bereit finden läßt. 8 oder 14 Tage vor der Hochzeit werden die Gäste
vom Bräutigam und dem Brautführer eingeladen. Der Hut des letzteren
ist mit Bändern, Rosmarin und künstlichen Blumen geschmückt, und
auch an der Reitpeitsche und dem Zaume der Pferde siud bunte Bänder
zu bemerken. Vor jedem Hause einer Familie, die eingeladen wird,
erdröhnt ein Pistolenschuß. Die Einladungsformel wird von dem Braut-
führer in Reimen hergefagt. Der Hochzeitstag muß sorgfältig ausgewählt
werden, denn 16 Tage von jedem Monate sind verdächtig, 3 Tage des
Jahres (1. April, 1. August, 1. Dezember) entschiedene Unglückstage.
Am Morgan des Trautages erscheinen der Brautführer und eine der
Brautjungfern vor der Wohnung des Pfarrers, melden sich mit einem
Pistolenschuß an und überbringen dem geistlichen Herrn eine Flasche
Wein, die „Brantsnppe" (wobei ein gewaltiges Stück Rindfleisch die
Hauptrolle spielt), sowie ein Schnupftuch, aus welchen! ein Stengel
Rosmarin herausragt. Bei der Hochzeit trägt die Braut ein aus
Flittergold verfertigtes Häubchen, das, auf dem Wirbel sitzend, einer
goldenen Krone gleichsieht. Ein rotes seidenes Band wallt weit über
ihren Rücken hinab. Im übrigen gehen Bräutigam und Braut in
schwarzer Abendnmhlskleidnng. Der Bräutigam schreitet im Zuge an
der Seite des Parreres, die Braut an der des Brantführes; die Tanf-
paten, welche im Elfaß fehr hoch gehalten werden, folgen gleich hinter
den Eltern des Brautpaares. Junge Burscheu, die auf dem Kirchhofe
mit ihren Flinten und Pistolen bereit stehen, geben bei der Ankunft