Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 73

1890 - Gotha : Behrend
Die Pfalz und die Pfälzer. 73 der Landmann das ganze Jahr hindurch bei seiner Arbeit, bei Tische und in der Zwischenzeit Wein. Kein Taglöhner würde in den Taglohn gehen, wenn er nicht bei jedem Imbiß und dann noch an heißen Sommer- tagen zwischendrein jedesmal seinen Schoppen (große Pfälzerschoppen) oder doch halben Schoppen Wein bekäme. Besonders die Arbeiter in den Weinbergen selbst leeren viele Fuder Pfälzerwein alljährlich. Dafür ißt der Mann auch weniger, und dem oft gehörten Satz, daß das Bier nähre und der Wein zehre, wird von den Weinpfälzern tatsächlich wider- sprochen. Sie bemitleiden auch niemand mehr, als die Bauern drunten am Rhein, wo der Wein gekauft werden muß, oder gar die Westricher Kartoffelbauern. Branntwein trinkt der Weinbauer nur in äußerst seltenen Fällen; ihm aber mit Bier aufzuwarten, wäre wirklich be- leidigeud. Er mag das Bier nicht; das sollen die Altbayern trinken, meint er, oder Herrenleute, die nichts arbeiten und der Biermode huldigen. 2. Mit der alten „Suunwend" des Winters, mit dem „Jul" unserer germanischen Altvordern, beginnt in der Pfalz das Arbeitsjahr. Der zweite Christfeiertag, der St. Stephanstag, ist derjenige, an welchem der allgemeine Dienstbotenwechsel stattfindet. Der Knecht der neuen Herrschaft fährt vor; die Magd schafft ihre Kiste auf den Karren; dann steigt sie samt ihren Freundinnen auf, hält die „Bouteille Wein" in der Hand, schenkt dem Knecht ein. dessen Peitsche, Pferd und Mütze mit Bändern geschmückt sind, und so geht's luftig singend davon. — Die Mägde sagen nie anders als „Vetter" und „Base" zur Herrschaft, und diese Bezeichnungen bleiben auch nach Auflösung des Dienst- botenverhältniffes. Die Nenjahrsnacht ist die belebteste des ganzen Jahres. Wenn das Wächterhorn die Mitternachtsstunde verkündet, beginnen die fünf Glocken des Ortes zu läuten, eine Stunde lang. Zu gleicher Zeit donnern Flinten- und Pistolenschüsse los; überall vor den Häusern schießen die Burschen das „Nenjahr an", wenn sie nicht von den Gendarmen dabei abgefangen werden. Die kleineren Buben wirken in der Nacht als Neujahrssänger mit. An allen Häu- sern singen sie in einzelnen Partien „das Neujahr au" und sagen lange Sprüche und Wünsche her. In der Frühe aber holt man des Großvaters Husarensäbel herbei oder schnitzt anch einen aus Holz, schmückt ihn mit Kränzen und steckt oben auf die Spitze eiuen großen Apfel. So zieht man aus in die Häuser und empfängt überall die kleine Geldgabe. Auf Neujahr werden auch die „großen Bretzeln" gebacken, die in den Neujahrswünschen vorkommen, und der Bäcker am Brunnen hängt nach alter Sitte das echte Horn eines Steinbocks aus. Um den Dreikönigstag erscheinen an den kalten Wintertagen drei in weiße Hemden gekleidete Knaben mit papiernen Kappen und einem Stern. So stellen sie die drei Weisen aus dem Morgeulaude vor. — Es sind die Sternbuben aus dem katholischen Gebirgsdörschen des armen Gossersweiler Thals, die mit heiseren Stimmen ihre Lieder von der Ankunft des Herrn singen, den Stern „'erum gehen" lassen und
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer