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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 74

1890 - Gotha : Behrend
74 Bilder vom deutschen Rhein, in das Bettelsäcklein Brot und Pfennige aus den Fenstern entgegen- nehmen. „Lichtmeß. Spinnen vergeß'" heißt es bald; aber noch wird fleißig gesponnen, und nur die „Kunkelstuben" werden weniger häufig. Fastnacht briugt auf dem Lande für jedes Haus die den Kindern so angenehmen „Fastnachtskücheln" in großer Menge, und wer andern Tags auf Aschermittwoch am frühesten die Schulstube betritt, ist der „Frühspitz", wer am spätesten kommt, die „alt Fastnacht". Der erste Sonntag im März ist in der Pfalz der „Sommertag''. Sonst wurde er in vielen Dörfern festlich begangen, indem die Jugend den Wett- kämpf des Sommers mit dem Winter ausführte. Seit Jahren ist dieser uralte germanische Brauch aus Gott weiß welchen Gründen verboten. Nun kommt es noch vor, daß die Eltern am Sommertag ihre Kiuder zum erstenmal mit nach Landau nehmen. Da, heißt es, müffen die Kleinen die großen Ketten am Thor durchbeißen — aber ein Biß in ein Milchbrötchen in der Stadt thnt es auch. Der Sommertag sieht die ersten Lebenszeichen der erwachenden Natur. Schon blühen herrlich rot und weiß die Mandelbäume in den Weinbergen, oft fchou Ende Februar, wenn die Schneeflocken noch aus die lieblichen Blüten sinken. Dies lockt den Winzer heraus, um die Reben zu schneiden; ein heiteres Leben erwacht bei den sonnigen Tagen des Vorfrühlings in den Weinbergen. Die Feldarbeit für die Mägde beginnt mit dem Rebenlesen; die abgeschnittenen Schößlinge werden als „Rebenhäsel" heimgebracht und als Anzündholz benutzt. Ein solches gestohlenes „Rebenhäsel" trägt der „Mann im Mond". Nun werden die Reben mit Weiden gebunden und die „Wingerts gekümmert".*) Die Osterzeit ist so herangekommen. Vom Gründonnerstag an schweigen die Glocken der katholischen Kirche; die Buben ziehen mit hölzernen „Klappern" und „Ratschen" im Dorf herum und rufen in die Kirche. Dann „kommen die Glocken wieder von Rom". Schon acht Tage vorher ließen am Palmsonntag die katholischen Kinder in der Kirche ihre „Palmwische"**) weihen; nun träumen alle Kinder, wie sie dem „Osterhas" mit Blumen das schönste Nest bereiten. Ältere Buben, die Hang zum Geheimnisvollen haben, gehen in aller Frühe hinaus aus irgend eine Anhöhe, um die Soune aufgehen zu fehen; denn in der Sonne sieht man am Ostermorgen das „Osterlämmlein" tanzen. Die mürben Kuchen, welche auf Ostern gebacken werden, heißen „Ostermatzen". — Herrlich blüht bald das Land; das Dorf ruht in einem weißen Blntensee. Die Mägde gehen in die Flur „Klee holen"; sie binden große, schwere „Locken" zusammen, wie man die Futterlasten heißt, lassen sie sich auf den Kopf stellen und tragen sie so heim, wie sie auch die vollen Wasserkübel, die Körbe voll Obst oder zerbrechlichen Waren tragen. Sie haben eine solche Übung darin, daß sie, ohne die Körbe mit den Händen zu halten, schnell und frei dahinlanfen. *) die Weingärten umgegraben. **) Salweiden mit Blütenkätzchen.
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