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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 86

1890 - Gotha : Behrend
86 Bilder vom deutschen Rhein. schützen wolle. Wer hätte dem von dem Thronerben Frankreichs und von dem Oberbefehlshaber Melae heilig verpfändeten Worte nicht trauen sollen? Jedermann gab sich der größten Sicherheit hin. Aber am Sonntag vor Pfingsten, es war der 22. Mai 1689, ließ der französische Intendant La Fond dem vorgeforderten Magistrate eröffnen, daß inner- halb 6 Tagen die Stadt ein Raub der Flammen werden würde. Fuß- fällig bat der Magistrat um Gnade; selbst das Flehen der Kinder, welche, von ihren Müttern geführt, sich dem Intendanten zu Füßen warfen, konnten an dem gransamen Befehle nichts ändern. Zwar er- schütterte der Jammer der Unglücklichen den Intendanten tief, so daß er sich kaum der Thränen enthalten konnte, aber „der König will es so", war die einzige Antwort, die er geben durfte. Das letzte Zuge- ständnis, das man den unglücklichen Einwohnern machte, war die Er- laubnis, ihre beste Habe in dem Dome und im Bischofshofe, welche Gebäude verschont bleiben sollten, niederzulegen. Aber auch dies be- ruhte nur auf Hinterlist und Trug. Kaum war alles auf 500 Wagen geladen und in Sicherheit gebracht, so rückte der Herzog von Crequi in die Stadt, nahm die ganze Habe in Besitz und erklärte, daß auch die beiden herrlichen Gebäude, der Stolz der Wormser, den Flammen preis- gegeben werden müßten. Mit bloßem Schwerte in der Hand zwang man Männer und Frauen, Kinder, Greise, Kranke und Sterbende nnter Schreien und Wehklagen über den Rhein zu flüchten. Am 31. Mai 1689, am Pfingstdienstage, nachmittags 4 Uhr, gab ein Kanonenschuß das Zeichen zur Plünderung und zum Brande. Bald loderten aus alleu Ecken und Enden der Stadt die Rauchsäulen empor. Mit Jubel stürzten sich die gefühllosen Mordbrenner in die Häuser, trieben den schändlichsten Mutwillen in den Kirchen, erbrachen die Grüfte und Gräber, beraubten die Leichname ihrer Gewänder und Kostbarkeiten und streuten die Ge- beine in.vandalischer Wut umher. Das Wehklagen der auf die nahe- gelegene Manlbeerau geflüchteten und dem Brande zusehenden Ein- wohner wurde durch die Militärmusik, welche lustige Tänze aufspielte, in schmachvoller Weise noch verhöhnt, und bald war die reiche, herrliche und angesehene Stadt nur ein einziger rauchender Trümmerhaufen. Nur der Dom, die Liebfrauen- und Pauluskirche und einige kleinere Kirchen, die Synagoge, sowie einige Türme und Mauern hatten der zerstörenden Gewalt des Feuers und der augelegten Minen Widerstand geleistet und zeugen heute noch von der früheren Pracht und Herrlichkeit der Stadt. Nur schwer hat sich Worms von diesem Schlage wieder erholt. Nach 100 Jahren konnte es erst eine Einwohnerzahl von 5000 auf- weisen, während dieselbe zur Zeit des Brandes wohl eine achtfach größere war. Auch zur Zeit der französischen Revolution wiederholten sich vielfach die Grenelfeenen des ersten französischen Überfalles. 1794 wurde die Stadt geplündert, mit 3 Millionen Franken gebrandschatzt, und es wurden die Überreste des Bischofshofes und der neben dem Dome stehenden Johanniskirche vollends vernichtet. In dem Frieden von Lüneville (1801) verlor sie ihre Rechte als freie Reichsstadt und wurde dem Departement Donnersberg als französische Kantonsstadt einverleibt.
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