1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Perle des deutschen Landes.
das echt rheinländische Verhalten, welches derjenige am besten begreifen
und würdigen lernt, der als Fremder dasselbe längere Zeit unbefangen
beobachtet.' Der Mainzer hält viel auf den Ruhm und die Ehre seiner
Baterstadt, welche niemand antasten darf, ohne sich empfindsamer Rüge
auszusetzen. Wo es sein Mainz gilt, da scheut er nicht gern ein Opfer,
und alle vertreten mit Nachdruck die Stadt und machen gegen außen
Front.
Unter den Gewerbszweigen, die für Mainz am wichtigsten sind,
heben wir die Fabrikation von Leder, die feinen Tischlerarbeiten, die
musikalischen Instrumente, die Wägen und die schäumenden Rheinweine
hervor. Am bedeutendsten ist für Mainz, neben der Spedition und
dem Handel mit Kolonialwaren und Rheinwein, jener mit Getreide,
das aus den fruchtbaren Rhein- und Maingegenden herbeigeführt und
hier verkauft wird. Mainz ist für diesen Artikel einer der größten
Märkte in Europa. K. Andree.
15. Die Perle des deutschen Landes.
1. Der Rhein von Mainz bis Bonn. — 2. Die Weinlese.
1.
Majestätisch strömt der Rhein von Oppenheims Gefilden daher
und begrüßt das goldene Mainz, das wenn auch nicht durch Reichtum
und Pracht, doch noch immer jenes prangenden Beinamens würdig er-
scheint. In der herrlichen Gegend von Mainz abwärts entrollt sich
uns ein Naturbild, wie es Deutschland, ja die Erde kaum irgendwo
schöner und mannigfaltiger aufzuweisen hat. Welche malerische Ab-
wechslnng von Bergen und Thälern, Felsen und Schluchten, Städten
und Dörfern, Burgen und Kirchen entzückt hier unser Auge! Welcher
Völker- und Warenverkehr belebt die Bahn unseres schönsten deutschen
Stromes! Welch köstliche Weine reifen auf seinen rebenbekränzten
Höhen! Was für biedere Menschen bewohnen seine gesegneten Ufer!
Welche großen heiligen Erinnerungen aus vergangenen Tagen knüpfen
sich an feine Gestade!
Von Mainz bis Rüdesheim, wo der Strom sanft und ruhig dahin-
gleitet und einen weiten See nachahmt, gewährt der Rhein durch seine
zahllosen Inseln (Auen), mit Blumen, Baum- und Buschwerk geschmückt,
ein so liebliches Bild, daß man ihn ganz wohl mit den italischen
Seen vergleichen mag. Üppige Rebengelände, Saatfelder und Gärten
schmücken hier die breiten Ufer des belebten Stromes; ein stolzer Ort
reicht dem andern gleichsam die Hand, und eine Villa, prachtvoller als
die andere, spiegelt sich in seinen Fluten, so daß das Ganze erscheint
wie eine einzige Stadt. Und wie malerisch hebt sich das dunkle Wald-
gebirge des Taunus (Rheingaugebirgs) im Hintergrunde mit feinen
Buchen und Eichen ab zu den lichtgrünen Traubenhügeln diesseits und
den saatgoldenen Höhen und Niederungen jenseits, die so sanft und
schön gegen den Strom auslaufen!