1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Aus dem Lahnthale.
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Bei Nieder-Lahnstein, unterhalb der Burg Lahneck, erreicht
die Lahn den Rhein.
An Großartigkeit wird das Lahnthal von vielen Gegenden über-
troffen, aber kaum an Anmut und lieblichem Wechsel der Landschafts-
bilder; die letzteren haben durch die zahlreichen Eisenbahntunnel noch
wesentlich gewonnen. Schon Goethe hat das Lahnthal, das er als
Jüngling durchwanderte, begeistert gepriesen, und in sein Lob stimmen
alle gern ein, welche neuerdings einen Blick in seine Gründe gethan
und seine Berghöhen bestiegen haben.
2.
Das deutsche Land ist reich an Mineralquellen, welche von Kranken
und Schwachen aufgesucht werden, die dort Genesung und Kräftigung
finden möchten. Kein Teil Deutschlands aber ist reicher an solchen
wohlthätigen Gesundbrunnen, als der Rheingau, die herrliche Gegend
zwischen dem Rhein, der Lahn und dem Main. Mehr als vierzig Heil-
quellen sprudeln im Taunus, dem schönen, mit prächtigem Laubwald
geschmückten Gebirge, welches den Rheingau durchzieht. Da liegeu
Homburg und Soden, Wiesbaden und Schlangenbad, Selters und Ems.
Eins der berühmtesten von allen Bädern des Taunus und des ganzen
deutschen Landes überhaupt ist Ems.
Zwischen dem Taunus im Süden und dem Westerwald im Norden
fließt die Lahn dem Rheine zu, überall von ihrer Quelle bis zu ihrer
Mündung von Bergen umschlossen. Nicht weit von ihrem Ausflusse
zieht sich an ihren Ufern in einer besonders reizenden Gegend des
Thales die Stadt Ems hin.
Was hat hier die Reihe stolzer, prächtiger Hänser entstehen lassen
und den Namen der Stadt weltberühmt gemacht? Es sind die warmen,
dampfenden Quellen, die zahlreich aus dem Boden hervorsprudeln und
deren Wasser teils genossen wird, teils zu Bädern dient, die Quellen,
denen Tausende und aber Tauseude Labung, Stärkung und Wieder-
Herstellung ihrer Gesundheit verdanken.
Als die Römer noch vor Christi Geburt unter Drnsus in diese
Gegend kamen, lernten sie auch die warmen Quellen kennen. Da sie
an das Baden in warmen Wassern gewöhnt waren, benutzten sie diese
und erbauten sich dort Badehalleu. Mancherlei Überbleibsel von Münzen,
Krügen, Töpfen und anderen Gegenständen bezeugen noch heute die
Anwesenheit der Römer, und vielfach aufgefundene Steine mit Inschriften
sagen uns, daß hier auch die 23. Legion ihr Standquartier hatte, welche
an der Zerstörung Jerusalems (im Jahre 79 nach Chr.) teilnahm und
danach an den Rhein verlegt wurde. Dreihundert Jahre dauerte die
römische Herrschaft im Rheingau, und nach dieser Zeit weiß man Jahr-
hunderte lang wenig von dem Bade Ems. Seit fünfhundert Jahren
aber sind seine Wasser wieder mehr und mehr in Gebrauch gekommen,
und heutigestags ziehen alljährlich viele Tausende nach der freundlichen
Lahnstadt, um von ihren berühmten Quellen zu trinken oder sich in
denselben zu baden.