1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das unt.re Moselthal.
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scharfe, weithin die Luft durchdringende Geruch des aus den Schorn-
steinen qualmenden Braunkohlenrauchs macht, daß der Wanderer die
verschneiten, in Nebel gehüllten Dörfer oft leichter auffindet, wenn er
der Nase, als wenn er dem Auge nachgeht.
Der Fall, daß einer ein Dorf in der Ferne sucht, während er —
auf der Wetterseite — unmittelbar vor den Hänsern steht, ist in harten
Wintern auf dem hohen Westerwald? nichts seltenes. Oft genug werden
die niedern Hütten derart verschneit, daß den Insassen das Tageslicht
ausgeht, und daß Stollen und Gewölbe durch den Schnee von einer
Hausthür zur andern gegraben werden müssen, um die Verbindung mit
den Nachbarn wieder herzustellen. Wird der Arzt aus ein Dorf ge-
rufen, dann muß er nicht selten vorerst Mannschaft aufbieten, die vor
ihm her den Weg aufschaufelt. Würde der Wald in größerer Aus-
dehnnng gehegt, dann wäre auch die Despotie der Schneestürme zur
Hälfte gebrochen.
Die vereinzelten Wälder erscheinen hier oben in ihrer schönsten
Bedeutung: als die Schutzhegen der Landeskultur, als die Wälle und
Vorburgen der Civilisation. Man fühlt da erst, was der Wald wert
ist, wenn man stundenlang vom Winde gezaust, plötzlich in seinen
heiligen Frieden eintritt. Ans dein hohen Westerwalds hat man die
Kirchhöfe fast überall am Waldsaume angelegt, selbst wenn man sie
darum über die Gebühr vom Orte entfernen mußte. Es ruht eine
dichterische Weihe auf dem Gedanken, daß die Leute ihre Toten vor
dem Streit der Elemente in den schirmenden Burgfrieden des Waldes
geborgen haben. Nach Riehl.
19. Das untere Moselthal.
1. Das Moselthal. — 2. Die Städte des Moselthales. — 3. Der Weinbau im
Moselthal.
1.
Die Mosel durchschneidet, indem sie die Plateau- und Bergmassen
des Hunsrücks von denen der Eifel trennt, die westliche Abteilung des
rheinischen Schiefergebirges, und zwar in einem nordöstlich gerichteten,
äußerst tiefen und äußerst vielfach gewuudeuen Thale. Mit dieser
Eigentümlichkeit ihres Laufes steht das Klima, die Kultur und Scenerie
der Gegend, die Lebensweife und der Charakter der Bewohner und die
Geschichte ihrer Heimat im engsten Zusammenhange.
Eingeschlossen zwischen Hochflächen und Höhenzügen, die über
2000 Fuß hinaufreiche», ist die Thalsohle des Flusses gewissermaßen
bis auf die untere Basis des Plateaus eingesenkt, und die nächsten
Striche am Ufer liegen oft weit unter der Grenze des Hoch- und
Tieflandes, während die ihnen benachbarten Bergmassen mit ihrer ur-
sprünglichen Höhe ganz nahe herantreten, so daß dadurch nicht selten
mehr oder weniger unterbrochen schroffe Ufergelände von 1200 bis
1800 Fuß Meeres- und fast auch zugleich Thalhöhe entstehen. Daher