1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder vom deutschen Rhein.
das Klima des tiefen Thaleinschnittes einen sehr scharfen und auffallenden
Gegensatz mit den zur Seite gelegenen Hochlandschaften bildet: oben
ringsum kalte und heftige Winde und lange Winter, unten zeitiges
Frühjahr und lange warme Sommer; oben nur die Tanne, Buche und
Eiche, nur Hafer- und Roggenbau und nur stelleuweife fruchtbare Striche,
unten die verschiedensten Sorten schöner Fruchtbäume, deren Blüten-
Pracht im Frühlinge ihres gleichen sucht, und vor allen Dingen der
Moselaner wichtigster Kultur- und Jndnstriegegenstand. der Weinstock,
dessen Rebeu überall längs des Flusses und längs der Gelände des
Thales sich hinziehen und der schon im dritten Jahrhundert nach Chr.
daselbst gepflegt wurde. Jeder schmale Streifen ebenen Landes aber am
Fuße der Felsen und jede kleine flache Weitung, vom Flußwasser und von
der dadurch herbeigeführte« Erde befruchtet, ist entweder, wenn nicht
von der Rebe bedeckt, reich an schönen Wiesenkräutern oder zum Garten-
bau geeignet; doch jene genießt, wo sie nur einiges Gedeihen verspricht,
bei weitem den Vorzug; denn der Weinbau geht, hat sich auch iu neuester
Zeit manches anders gestaltet, einem großen Teile der Moselaner über
alles; er ist ihre eiuzige Kultur, ihre alleinige Industrie. Kornfelder
trifft man bei ihnen seltener, obwohl nicht mehr so selten, wie früher,
und ihre Wiesen und ihr Vieh haben sie hauptsächlich des Weinbaues
wegen. Schon vor einer langen Reihe von Jahren sollen einzelne
Dörfer 1090 bis 2000 Fuder Wein (das Fuder zu 6 Ohm) in guten
Jahren erzielt haben. Das Ergebnis der Weinernten des ganzen Mosel-
thales von Trier bis Coblenz betrage, sagt man, in besonders guten
Jahren 100,000 Fuder, d. h. 600,000 Ohm, in gewöhnlichen 70,000
bis 80,000 und herab bis auf 50,000 Fuder, welches letztere Jahr sie
daun schon ein sehr mittelmäßiges nennen.
Der Fluß selbst, überall schiffbar, wird dadurch eine vortreffliche
Verbindungsstraße zwischen den einander benachbarten Abschnitten des
Thales. Indem er ferner die ihn einschließenden und in ihm vor-
springenden Felsenhöhen vielfach zernagt oder schroff abgeschliffen hat
oder umfließt, ist er der Mitbildner von natürlichen Bastionen und
Bnrgpiedestalen geworden und hat willkommene Gelegenheit zur Sicherung
und Befestigung des ergriffenen Besitzes gegeben, eine Gunst der Natur,
welche den flacheren und einförmigeren Hochrücken zur Seite fehlt, auf
denen überhaupt der Anbau gering, die Bevölkerung dünn, ein Dorf
und noch mehr eine Stadt eine Seltenheit ist.
Welche Fülle dagegen und Mannigfaltigkeit im Moselthale! Hier
bei starker Bevölkerung zahlreiche Ortschaften, einzelne Wohlisitze, Burgen
und Stätten der Andacht in bunter Aufeinanderfolge; längs des schiff-
baren Stromes Schifferdörfer, Verkehrs- und Überfahrtsplätze, Dörfer
wiederum von Ackerbauern, Gärtnern und Winzern, bald an den Felsen,
bald in den Einschnitten der Berge klebend, bald über eine sanft ge-
wölbte Lehne hingestreut und ringsum vou Wein- und Obstgärten um-
schlössen; hier hart an den Seiten des Stromes ans den Vorgebirgen
und Felsenvorsprüngen Ritterburgen und des Adels Schlösser, auf
anderen Spitzen und Einschnitten der verschiedenartig geformten Höhen