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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 135

1890 - Gotha : Behrend
Das untere Moselthal. 185 das alles ist ein Ergebnis der Kunst und der Veredlung. Gehe wäh- rend des Winters hinaus an die Gebirgsgelünde der Mosel und sieh', wie der fleißige Winzer schiefert d. h. die Schiesersteine aus dem Felsen hervorkratzt, zerhackt und in den Weinbergen umherstreut! Sie halten den Boden feucht, und sind sie verwittert, dann düngen sie ihn. So bekommt der Berg immer neue jugendliche Kraft, die er dem Wein- stocke mitteilt. Doch dies ist nicht die einzige Winterarbeit. Gestattet es die Witterung, dann werden auch die Mauern iu den Weinbergen ausgebessert, Hangende, dem Einstürze drohende Felsen untermauert und gestützt. So bricht allmählich der Frühling an. Die Stöcke werden in ihm aufgestellt, der Boden gelockert, gedüngt und umgegraben. Aber welch unsägliche Mühe erfordert nicht die Düngung! Da muß bei- nahe jede Gabel voll Dünger auf dem Rücken der Leute stunden- weit in die Berge hinaufgetragen werden, und wie oft muß der Winzer es erleben, daß ein heftiger Platzregen all seine Arbeit zerstört und in wenig Minuten den Boden herabschwemmt, den er unter großer An- strengnng in vielen Tagen und Wochen mühsam hiuauffchleppte! Nie darf er seine Stecklinge außer acht lassen, und von der diesjährigen bis zur nächsten Ernte geht ohne Unterbrechung eine Kette von Arbeit. Gleich nach dem Aufstelleu der Stöcke und nach dem Umgraben im Frühjahre muß das alte Holz ausgehauen werden, und wie es zum Gedeihen des menschlichen Körpers notwendig ist, daß die Poren der Haut stets geöffnet bleiben, so muß auch der Boden im Wein- berge allezeit locker erhalten werden, damit Licht, Wärme und Wasser in ihn einzudringen vermögen. Keine Gras-, keine Unkrautsnarbe darf sich bilden; mehr als einmal muß er im Sommer umgegraben oder gerührt werden. Trieb der Stock zu üppigfrifche Zweige, so muß man diese sofort entfernen, damit in ihrer Ausbildung nicht seine Kraft ver- wendet werde. Doch dies sind nur die großen und regelmäßig wieder- kehrenden Arbeiten; kleine Mühen und Sorgen gehen beständig neben ihnen her; Wind und Regen richten bald dieses, bald jenes Unheil an. Da sind Zweige losgerissen, die müssen angebunden, üppigwucherndes Unkraut muß ausgejätet werden, bis endlich die unter Arbeit und Sorgen gereifte Frucht eingeerntet werden kann. Wer möchte es dem Winzer verargen, wenn er nun in Frohsinn und Heiterkeit die letzte Hand an die schöne gereifte Frucht legt! Aus allen Dörfern ziehen ganze Gesellschaften von Winzern, Männern, Weibern und Kindern — denn bei der Weinlese kann jede Kraft nütz- lich verwendet werden — hinaus in die Berge. Den Korb auf dem Rücken, das Winzermefser in der Hand, so eilen sie die Fußpfade hinan, und es entwickelt sich mit dem wachsenden Tage allmählich eine äußerst unterhaltende Thätigkeit längs der Ufer des Flusses. Da sieht man oft zwischen den Winzern ein Ochsen- oder Pferdegespann, das auf dem knarrenden Wagen die K'itfe*), in der die Trauben getreten werden, *) Kufe — ein hölzernes Gefäß mit durchlöchertem Boden, welches oben weiter als unten ist.
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