1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
136
Bilder vom deutschen Rhein.
dahinschleppt. Ist auch nicht jede der in die Kufen fallenden Beeren so '
gut wie ein Groschen im Beutel, so tritt doch nun die Aussicht auf
Gewinn ganz nahe heran. Dabei ist die Weinlese, im Gegensatze zu
allen übrigen Arbeiten des Jahres, die leichteste, und während bisher,
sowohl im Winter als im Frühlinge und Sommer, der Winzer einsam
auf seinem Berge beschäftigt war, so ist jetzt die ganze Familie um ihn
versammelt, ja, selbst von fernher sind Freunde und Verwandte ge-
kommen, um die Freuden der Weinlese mit ihm zu teilen. So kärglich
diese auch uicht selten ausfallen mag, so ist es dennoch althergebrachte
Sitte, dabei zu jubeln und zu schießen, sich zu necken, lustig zu sein
und die Freunde zu traktieren. Reist man dann längs der Ufer des
Flusses oder auf diesem selbst, so erblickt man überall im Thale die
Wagen mit ihren Kufen und ihrem Ochsengespanne, während die in
den Felsen und Klüften verteilten Leute das edle Bergnaß herabholen
und den gewonnenen Reichtum in den Bottichen am Uferwege wie zur
Parade aufstellen. Und wie die Wege, so belebt sich auch der Fluß;
denn nicht selten hat der Moselbewohner seinen Weinberg auf der
einen Seite des Fluffes, während Dorf, Acker und Wiese auf der eut-
gegengesetzten liegen. Darum besitzt fast jede größere Wirtschaft, oder
mehrere kleine zusammen, ihren Moselnachen, und es entsteht eine
Thätigkeit auf dem Waffer, wie man sie auf dem Rheine oder andern
Flüssen, welche den Besitz der Uferbewohner mehr als die Mosel aus-
einander halten, nicht kennt.
Der Weinbau ist der zahlreichen Bevölkerung der Moselufer alles,
ihre einzige Erwerbsquelle. Kornfelder giebt es fast gar nicht; die
Wiesen, ja, das Vieh haben sie nur des Weinbaues wegen. Freilich
ist dieser in guten Jahren auch außerordentlich beträchtlich, und es giebt
einzelne Dörfer, die in denselben oft 1000—2000 Fuder Wein (das
Fuder zu sechs Ohm ä 4 Eimer *) erzeugen. Die ganze Weinernte
des Moselthales von Trier bis Koblenz wird in besonders guten Jahren
zu 100 000, in mittelmäßigen zu 50—80 000 Fuder veranschlagt,
während die Gesamtbevölkerung des etwa 13 Quadratmeilen großen
Weinlandes 130 000 Köpfe betragen mag. Kühen und Kohl.
20. Die E i f e l.
Der herrliche Moselstrom wird auf seinem linken Ufer von der
Eifel begrenzt, welche sich zwischen dem Rhein, der Mosel und der
Our, einem Zuflüsse der Ourthe, ausbreitet und eine Mittelhöhe von
500 m hat. Überall laufen über die plateauartige Masse in der
Richtung vou Norden nach Süden Bergrücken, und kleine Flüsse, welche
teilweise sruchtbare und wohlangebaute Thäler bewässern, teilweise aber
auch sich durch sehr enge, wilde und von kahlen Felsen starrende
Schluchten hindurchwinden, eilen aus dem Innern hervor, um entweder
direkt die Gewässer des Rheins zu vermehren oder sich zunächst in die
*) 1 ©inter = 68 Liter.