1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Aachen. 139
Die berühmteste Aussicht auf die bezaubernde Gegend gewährt die Ahr-
bürg. Von hier ans sieht man zu allen Seiten ungeheure Abgründe
gähnen, deren jähe Tiefe schwindeln macht. Allenthalben sieht man
Felszacken starren, Bergkegel emporragen. In dem Grunde aber rauscht
die Ahr durch die zackigeu Klippen, bald aufblitzend, bald verschwindend
und immer wieder die Felsen umgürtend; vierzehnmal sieht man sie ans
dem Geklüste heraufleuchten. Die Felsen erscheinen nach allen Seiten
hin, aber immer anders gestaltet; meist sind sie nackt oder doch mit
Flechten nur mangelhaft bekleidet, doch darf das Auge sich auch au
frischgrünen Rebengeländen, an freundlichen Dörfern iu deu Schluchten,
an romantischen Burgtrümmern auf den Kuppen weiden.
Aus dem Kessel von Altenahr stießt der Ahrslnß drei Stunden
lang durch eine enge Felsenschlucht, die kaum dem Flusse und einer
Straße Raum läßt, die an ihren Wänden mit Rebengeländen, ans ihren
Höhen mit Bnrgtrümmern köstlich geschmückt ist. Da, wo der Fluß die
Felseuschlucht verläßt, liegt Walporzheim, dessen sonnige Berge die
Perle der Ahrweine, den Ahrbleichert, erzeugen; dann folgt das vielbe-
suchte Bad Neuenahr mit seinen berühmten, dem Emser Wasser ahn-
lichen Mineralquellen und noch weiter abwärts der Basaltkegel, welcher
die Trümmer der Burg Laudskrou trägt. Dieser untere Teil des
Thales zeigt gleichfalls große Schönheiten, durch welche freilich der
Keffel von Altenahr ganz besonders ausgezeichnet ist. 3. W. c. Richter.
21. Aachen.
In einem weiten Kesselthale der nördlichen Ausläufer der Eifelberge
befinden sich die Heilquellen, welche zunächst zur Gründung Aachens
einluden; denn weder fruchtbare Gefilde, lachende Wiesen, noch ein den
Verkehr mit den Nachbarländern vermittelnder Strom, noch endlich eine
vorteilhafte Lage zu Angriff oder Abwehr lockten hier zu Niederlasfungen
an. Daß schon (und vielleicht zuerst) die Römer die Heilquellen benutzten,
dafür zeugen in verschiedenen Jahrhunderten und noch bei Nachgrabungen
der letzten Jahre aufgefundene römische Münzen, sowie Spuren von
Bauten und Bädern römischer Konstruktion. Ob das fränkische Herrscher-
geschlecht der Merowiuger auf dem Boden Aachens eine Pfalz befaß,
bleibt zweifelhaft; gewiß aber ist, daß die Karolinger auf demselben
einen Sitz hatten, und daß Karl der Große in seinen späteren Jahren
wiederholt und zuletzt bleibend in Aachen verweilte. Dazu bestimmte
ihn nicht nur seine Vorliebe für die warm hervorquellenden Wasser, von
denen ja der Ort seinen Namen (ahha = Wasser) trägt, sondern auch
die Lage der Stadt sowohl in der Mitte des Familienbesitzes des güter-
reichen Karolingischen Hauses, als in dem Mittelpunkte des durch seine
Kriege nach allen Seiten hin erweiterten Reiches. Sehr oft in Chroniken
und Urkunden erscheint Aachen zur Zeit der Karolinger und unter den
deutschen Königen verschiedener Häuser als Sitz des Reiches (sedes
regia, sedes prima Franciae). Die königliche Pfalz, welche Karl
wahrscheinlich nur erweiterte (nicht begründete) und deren Zinne er mit