1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Kölner Dom.
141
Karls. Als gegen Ende des 14. Jahrhunderts ein neuer gotischer
Chor den alten Karolingischen ersetzte, erhielten die Gebeine Karls des
Großen und das Grab Ottos Iii. hier ihre Stelle. Über dem Grabe
hängt vom Gewölbe des Chors herab ein kolossales Muttergottes-
Medaillou. Von der den Glockenturm umgebenden Galerie werden
alle sieben Jahre den zur „Heiligtumssahrt" eintreffenden Gläubigen die
sogenannten großen Heiligtümer gezeigt.
Mit Kölns Reichtum an alten herrlichen Kirchen und sehenswerten
städtischen Gebäuden kann Aachen nicht weiteifern, dagegen liegt es
in einer an mannigfaltigen Naturschönheiten reichen Gegend. Von dem
Lousberge (von louseu = lauern, um sich blicken) übersieht man die
prächtige Kaiserstadt mit dem benachbarten, ebenfalls durch Heilquellen
berühmten Bnrscheid. Noch heute, wie vor tausend Jahren, kennt der
Ruhm der Aachener Heilquellen keinen Nebenbuhler: die Kaiserquelle
in der Nähe des gotischen, mit Fresken geschmückten Rathauses, welche
dem Orte den Ursprung gegeben, strömt noch immer mit großer
Mächtigkeit aus tiefen Felsenspalten und übertrifft alle Quellen Europas
an Schwefelgehalt. Wie in Aachen alles aufgeboten wird, was die
Kunst an Annehmlichkeiten, Zerstreuungen und Lebensgenüssen der Heil-
bedürftigen gewähren kann, so ist auch Zeit das Kaiserbad mit der
vorzüglichsten und heißesten Quelle zu einem umfangreichen Prachtbau
umgeschaffen worden.
22. Der Kölner Dom.
Der Kölner Dom ist als das herrlichste und bedeutendste Bau-
werk Deutschlands zu preisen. Majestätisch ist seine Anlage, riesig sind
seine Verhältnisse. Er ist nicht die Erfindung eines Meisters, der in
einsamer Höhe über den Wünschen und Bestrebungen seiner Zeit da-
stand, sondern das Werk einer ganzen Reihe von Geschlechtern. Ein
Werk des deutschen Volkes, ist der Kölner Dom das erhabendste Denk-
mal deutschen Geistes, soweit das Bereich sichtbarer Formen geht.
Zur Hohenstaufenzeit, als Handel und Gewerbe, Kunst und Wissen-
schast in hoher Blüte standen, wurde der Plan zum Bau des Domes
gesaßt, und am 15. August 1248 wurde der Grundstein gelegt. Über
den Meister, der den Plan entwarf, fchwebt auch heute noch ein ge-
heimnisvolles Dunkel; die neuesten Forschungen nennen eiuen Meister
Gerhard von Niel als den ersten Leiter des Baues. Im Jahre 1322
war das Chor mit dem Allerheiligsten vollendet, und erst ein Jahr-
hundert später stieg der eine Turm zur halben Höhe empor. Aber
die Wirreu der Zeit waren dem Fortgang des Banes wenig günstig.
Je mehr die Pfeiler stiegen und die Schwibbögen sich reiften, desto
tiefer sank der Stern des Reiches und die Wohlfahrt der Stadt, desto
spärlicher flössen die Mittel; um 1560 ruhten Hammer und Meißel
vollständig. Die Zeit nagte am Gestein; die Pfeiler im Schiff waren
ein Wald von Säuleu, die eiu rauher Windsturm im Wachstum Plötz-