Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 160

1890 - Gotha : Behrend
160 Bilder aus den süddeutschen Landschaften geschält und glatt behauen, aber mit unversehrtem grüueu Wipfel, und in bunter Reihe darum waren alle Hausgeuosseu gelagert, vom Brau- meister bis zum Schafbuben, im Scheine der Fackeln ein höchst wirk- sames und belebtes Nachtbild. Der Moosbrnnner blieb auf der Grad stehu, schwang den Hut über den Kopf und stieß einen langgezogenen Jauchzer aus, daß die Berge hallten. „Buben\" rief er dann, „Buben, seid's alle da? Schüsseln, so schreit's einmal ja!" Ein lautes, vielstimmiges Ja aut- wortete der fröhlichen Aufforderung, vermischt mit nicht minder kräftigen Juchzeru, die das schlafende Echo der Bergwände weckten. „Siehst, Schwalberl," sagte der alte Moosbrnnner im Herabsteigen zu dem Mädchen, „siehst, du hast lamentiert, daß, weil der alte Rauchen- steiner keinen mehr aufrichten kann, es heuer keinen Maibaum gebeu soll da herobeu, — drum Hab' ich mich dran gemacht, weil ich der nächste Nachbar bin. Da schau her, — da ist der Maibaum, und es muß keinen schöneren geben bis in die Münchnerstadt hinein; dafür laßt*) der Moosbrnnner sich finden!" Trautel^) war vollständig und aufs freudigste überrascht, und die Überraschung ging in Rührung über, denn ihr Gemüt war schon erschüttert und weich von allem, was sie vernommen und empfunden hatte. „Ich danke dir, Moosbruuuer," rief sie, indem sie beide Hände desselben ergriff und ihm mit schimmernden Augen fest in das gefurchte, freundliche Antlitz sah. „Du hast mir eiue größere Freud' gemacht, als ich sagen kann ..." Die Stimme erbebte, und der Alte, sie weiter ziehend, rief fast verwundert: „Ich glaub' gar, du weinst, närrisch Ding! Das laß gut sein, bis du mir einmal mit der Leich' gehst, — jetzt komm und schau dir einmal den Maibaum au, und wie wir ihn 'raus 'putzt haben! Es ist ein Achtziger, so schön er zu haben ist im ganzen Wald, und der Hies***) hat die halbe Welt drauf geschnitzt, daß es eine wahre Pracht ist!" „Aha, drum hat er so heimlich gegeu mich gethau," rief Trautel und nickte freundlich dem alten Burschen zu, der sich herangedrängt hatte, um mit blödem Lacheu sein Lob in Empfang zu nehmen. Die Schnitzereien des Baßlers f) waren zwar weit von Kunstwerken entfernt; aber die Gegenstände waren sämtlich sehr wohl kenntlich und mit einem gewissen Charakter aufgefaßt, so daß das Auge uicht ungern dabei verweilte. Da fehlten vor allem nicht Bauer und Bäueriu, als Herreu des Hauses, dem der Maibaum galt; da war ein stattliches Wirtshaus, unter dessen Thüre ein dicker Wirt den gegenüber angebrachten Fnhrmann mit vierspännigem Frachtwagen bewillkommnete; vor der Schmiede stand eine schwarze Figur und hielt sich ein bäumendes Rössel am Zügel; da waren Pflug und Egge, Sense, Rechen und Drischel zu einfache« Trophäen geordnet; der Hirt trieb ans, und vor einer Almhütte stand die Sennerin und schien in die Berge hinein zu jodeln. Oben bildete der reiche natürliche Tannengipfel das Ende, und *) Mundartlich statt läßt. — **) Gertraud. — Matthias. — f) Basselu (bosseln, posseln) — verschiedene kleine Handarbeiten verrichten, besonders an Holz- gegenständen.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer