1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
München.
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München braut in einem Jahre mehr als 1 200 000 hl (ganz Bayern
zehnmal so viel).
Uralte Volksbräuche beobachtet man in München bei den Festlich-
leiten des Schäfflertanzes und Metzgersprunges. Der Schaffler-
tanz (Schäffler = Böttcher, Küfner), ein fröhlicher Umzug durch die
Gaffen der Stadt, hatte ursprünglich den Zweck, die Bewohner, denen
durch die todbringende Pest aller Lebensmut benommen war, wieder
zum alten Frohsinn zurückzubringen. Aus derselben Ursache mag der
Metzgersprung entstanden sein. Auch bei letzterem findet ein Um-
zng statt, dessen Ziel der Fischbrunueu auf dem Schraunenplatze ist;
dort angekommen, springen die losgesprochenen Metzgerlehrlinge, welche
die Hauptpersonen des Festzuges sind, in das Brunnenbecken, werfen
Brezeln, Nüffe und Äpfel unter die Zuschauer, aber überschütte» auch
die näher Herbeikommenden mit Wasser. Das Oktober fest, welches
ganz München auf den Beinen sieht, ist ein landwirtschaftliches Central-
fest, bei welchem Tiere und landwirtschaftliche Erzeugniffe ausgestellt
werden und ein Rennen stattfindet. Ein damit verbundenes Festschießen,
an dem sich Schützen aus allen Gauen Bayerns beteiligen, dauert die
gauze Woche hindurch. Der Festplatz — die Theresienwiese — wird
dabei nicht leer und von der wogenden Menge erst dann allgemach
verlassen, wenn das Feuerwerk, das den Schluß des Festes bildet, ab-
gebrannt ist.
Bietet auch die nächste Umgebung von München wenig landfchaft-
liche Reize, so gelangt man doch auf bequemen Schienenwegen rasch
nach der schönen Gegend südlich von München, um vou Miesbach und
anderen Orten aus die Berge der bayrischen Alpen zu erreichen. Nicht
minder schön ist ein Ausflug nach dem ernsten Ammersee mit seinen
bewaldeten Userhöhen oder nach dem lieblichen, mit schmucken Dörfern
und Landhäusern gegürteten Starnberger See. Der bescheidene Natur-
sreund wird aber auch uicht ohne Interesse jene nördlich von München
gelegenen, weitgedehnten sumpfigen Landstriche besuchen, welche den
Namen des Dachauer und Erdinger Mooses führen. Hier findet er
nicht nur einen eigenartigen Pflanzenwnchs, fondern auch eine ursprüng-
liche, wenn anch weniger schöne Bevölkerung, an welcher noch manches
Stück alten Volkstums hasten geblieben ist. Näher bei München ver-
dient das Schloß Nymphen bürg, das den Besucher lebhaft in die
Zeit der Reifröcke und Allongeperücken verfetzt, und defsen Hofgarten
prächtige Wasserkünste, Baumgänge und Lusthäuser aufzuweisen hat,
die vollste Beachtung des Fremden.
2.
Wenngleich die Lust am Biertrinken und die Knnst, vortreffliches
Bier zu brauen, keineswegs auf das Bayerlaud beschränkt, sondern eine
altdeutsche Tugend ist (konnten doch die Germanen sich ihre Götter und
Helden iu Walhalla nur biertrinkend als der Seligkeit teilhaftig
denken!), fo bleibt doch vornehmlich Bayern das Bierland, und München
mit seinem Bockkeller ist ebenso eine dem Gott Gambrinus geweihte