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1. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 177

1890 - Gotha : Behrend
Die Lechebene und ihre Bewohner. 177 Die auf den Hochebenen weidenden Rinderherden sind spärlich und mager, und selbst für Ziegen und Schafe wächst unr wenig Futter, da die Winter zu naß, die Sommer dagegen zu trocken sind. Nur die Torfmoore gedeihen hier vorzüglich, und die Trockenhäuser ziehen sich oft halbe Standen lang längs jener Stiche hin, welche München reichlich mit Brennmaterial ver- sorgen. Einsame ärmliche Hütten liegen aus der weiten Ebene, und nur hier und da blickt das Auge ein aus Birkenstäben und Weidenruten zusammengebundenes Kreuz, vor ihm schmutzige Frauen und zerlumpte Kinder aus den Knieen liegend. Keine der ersteren sieht sich um, so nahe auch der Eisenbahnzug vorübersaust, und nur das junge, neugierige Blut der Kinder blinzelt verstohlen herüber. Nördlich und nordöstlich von diesen Torfmooren wird die Gegend fruchtbarer, doch am fruchtbarsten westlich vom Lech, wo sich zahlreiche Dörfer und eine Menge kleiner, heiterer Städte mit nicht unbeträchtlicher Industrie erheben Wir befinden uns inmitten des schwäbischen Volks- stammes, welcher bis an den Lech reicht. Ans diesem Boden, zwischen Lech und Jller, lag vor Auflösung des Deutschen Reiches ein buntscheckiges Gewirr von Herrschaften und Gebieten aller Art, so daß diese Ecke Landes als Mnsterstück einer außerordent- lichen Gebietszerstückelung auf möglichst kleinem Räume betrachtet werden konnte. Da gab's Reichsstädte, Abteien und Grafschaften in solcher Menge, daß in manchem Dorfe noch später drei und vierfaches Recht galt; da kam es oft darauf an, ob sich ein Vorfall rechts oder links von der Haus- thür ereignet hatte, indem alsdann bald nach diesem oder jenem Rechte die Sache zu beurteilen war. Steht man auf dem Perlachtnrme zu Augsburg, fo überblickt man das weite Sechthal fast in seiner ganzen Ausdehnung, vom Hochvogel in den Algauer Alpen bis zur Mündung des Stromes in die Donau, eine Strecke von fast 40 Stunden. Ober- und unterhalb Augsburgs ist der Boden kiesbedeckt und ohne alle Acker- krnme, daher so arm an Ortschaften, daß fünf Stunden oberhalb der Lechbrücke von Augsburg bei dem Dorfe Lechfeld eine nur für Fußgänger zu passiereude Brücke die beiden Ufer verbindet. So wassereich der Flnß auch ist, so wird er gleichwohl zur Schiffahrt wenig benutzt, da sein Bett voll gefährlicher Stellen ist. Betreten wir dagegen das Lechfeld selbst, so gelangen wir in eine ununterbrochene fruchtbare Ebene, auf welcher das Auge vergeblich nach Baum oder Strauch sich umsieht. Alles ist hier Ackerland und Wiese, aus welchem die weißeu Häuser der Dörfer gleich Schneeresten im Früh- linge hervorschimmern. Ist der Himmel klar und heiter, dann überschaut das Auge die ganze Kette der Algauer Alpen mit deutlicher Unterscheidung aller hervorragenden Gipfel. Auf diesem Felde schlug Kaiser Otto I. den 10. August 955 in hoher Sommerhitze die Hunnen aufs Haupt. Noch gar mancher andere Kampf ist hier im Dreißigjährigen und dem Spanischen Erbfolgekriege ausgefochteu worden, und selbst in dem Französischen Kriege zu Ende des vorigen und Anfang dieses Jahr- Hunderts bedeckten bald Österreicher, bald Franzosen die weite Lechebene. Diese fruchtbaren Strecken der Hochebene bewohnt ein starkes, mannhaftes Meyer, Lesebuch der Erdkunde Iii. 12
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