1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
198 Bilder aus den süddeutschen Landschaften.
Thales gelegen, von herrlichen Wein- und Obstgärten umgeben und
von der romantischen Ruine Wiudeck überragt. Später erreicht man
das altertümliche Städtchen Heppenheim, über welchem sich die
malerische Starkenburg, bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts
der Sitz von Burggrafen, emporhebt. Bei dem weinreichen Bensheim
ladet das Auerbacher Schloß, die umfangreichste, schönste und be-
suchteste Ruine der Bergstraße, und die ehemals so reiche und mächtige
„fürstliche Reichsabtei Lorsch", in deren Marienkapelle unter andern
Ludwig der Deutsche ruht, zum Verweilen ein. Von dem schön ge-
legenen Städtchen Zwingenberg aus Pflegt mau den Meliboens
im Odenwalde zu besuchen, der eine köstliche Aussicht gewährt, und
noch weiter nach Darmstadt zuwinkt bei der Station Bickenbach von
waldiger Höhe die Ruine des Alsbacher Schlosses herab.
An Darmstadt vorüber führt nns die Eisenbahn an den Main,
den wir bei der lebhaften Handelsstadt Frankfurt erreichen.
Hoch auf dem Fichtelgebirge, uuter dem großen Felsen des Ochsen-
kopses, zwischen diesem und dem Schneeberg, befand sich noch vor nicht
zu langer Zeit ein See von bedeutendem Umfang und von unglaublicher
Tiefe. Dieser See war mit finstern Wäldern umgeben; das Bild des
heiteren Himmels zeigte sich schwarz in seiner düsteren Flut, und die
Einsamkeit, die rings ans derselben herrschte, ward nur zuweileu durch
einiges wilde Geflügel unterbrochen, wenn es mit lautem Schreien
darüber hinzog. Die Gegend dieses hochgelegenen, kalten und einsamen
Gewässers, die Seelohe genannt, war verrufen bei den Landlenten und
ist es noch heutigen Tages. Der See hat jetzt eine andere Gestalt
angenommen, eine schönere aber nicht; er ist Moor und Snmps ge-
worden. Zu Eude des siebzehnten Jahrhunderts ließ die markgräfliche
Regierung ihn zur Verstärkung des Nabflusses durch einen tiefen Stollen
abgraben, welches zur Folge hatte, daß er nach und nach zuwuchs und
von einem mit Moos und Binsenstöcken zusammengefilzten Rasen über-
zogen wurde, über welchen mit einer Stange zu gehen man allenfalls
wagen durfte, doch immer einiger Gefahr des Versinkens ausgesetzt war.
Ju diesem ehemaligen See, welcher jetzt eine grüne moorige Fläche
ist, wird der schöne Strom geboren, der prächtig durch Franken dahin-
fließt. Es ist zwar nur eine seiner Ouellen, der sogenannte weiße
Main. Schon eine Viertelstunde von seinem Ursprünge, nachdem er in
die großen Flößweiher getreten ist, wird er zum Flößen des Holzes
gebraucht, welches der gewinnsüchtige Holzhändler auf seinen jugendlichen
Rücken ladet. Wie die Gespielen zum Gespielen, so hüpfen und springen
aus dem Moos ihrer Grotten verschiedene kleine Bäche herbei — das
Schimmelbüchlein, der Fröbersbach und der von dem Schneeberg herab-
stürzende Fischerbach; auch das Goldbächlein und die von Berneck herbei-
eilende, Perlen führende Ölsnitz vereinigen sich mit dem jungen Fluß,
der, indem er durch Blumenufer dahinplätfchert, bereits Hammerwerke
und Mühlen treibt.
Der rote Main entspringt unter eiuem Felsen des sogenannten
Gottesfeldes, unweit des Städtchens Crenßen, nimmt bei dem Dorf