1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus den mitteldeutschen Gebirgslandschaften.
mehr die Aufmerksamkeit der Reisenden an sich ziehen, und durch viel-
sache Thalfurchen und Buchten dergestalt durchschnitten, daß es den
erschöpften Wanderer durch Öde und Dunkelheit geheimnisvoll von sich
zurückschreckt. Im Osten sind es die böhmischen blauen Gebirge, die
durch ihre reichen Bäder die müßige vornehme Welt an ihre Bezirke
fesseln, und die Blicke der Gäste in dem einsamen Eger richten sich
nach Morgenaufgang gegen Karlsbad und Teplit; zu; das Fichtelgebirge
aber schaut sie hinter einer öden und stillen Hügelebene finster und
melancholisch an. Im Norden ist es das Erzgebirge, das dicht heran-
rückt, aber den Kaufmann und Fabrikanten in seinen Schoß lockt;
ermüdet von der erschöpfenden Berg- und Hügelkette, die er von Alten-
bürg oder von Dresden her durchwandert, fchaut er mit Zürnen anf die
neuen Beschwerlichkeiten, die hinterher ihm entgegentreten, und eilt nur
um so schneller den südlichen bequemen Sonnenebenen zu, die das
glänzende Thal von Baireuth am jenseitigen Fuße des Fichtelgebirges
ihm verheißt. Im Nordwesten ist es der Thüringerwald, der mit seinen
historischen Erinnerungen die Reisenden fesselt; im Süden das von
Nürnberg, Erlangen und Bamberg leicht erreichbare, von grünem Laub-
holz bewachsene, freundlicher bewohnte Kalksteingebirge, die fränkische
Schweiz genannt, mit seinem schönen Thal von Streitberg, den ge-
heimnisvollen Müggendorfs Tropfsteinhöhlen, das der Naturforscher
und der reiselustige Jüngling besucht; er wendet dem hohen, dunklen
Rücken des Fichtelgebirges, der ihm hier auf jcbcr Höhe entgegenstarrt,
gleichfalls den Rücken und fchaut höchstens in die sonnige Ebene von
Baireuth hinein; drüberhinaus fürchtet er nichts zu erblicken, als das
rauhe, kalte und steinige voigtländische Plateau, dessen Fortsetzung das
Fichtelgebirge darstellt.
Nicht immer aber war das Fichtelgebirge im deutschen Vaterlande
ein so unbeachteter Landstrich. Freilich ward es bei seinem rauhen
Klima und seiner Unwegsamkeit auch früher von Fremden nicht mehr
betreten als jetzt, aber desto mehr Wunderbares erzählte ihnen die
Sage von dem düftern, grünen, einsamen und hohen Waldgebirge, das
dem ganzen mittleren Deutschland sein Wasser zuschicke und eine Art
Hauptknoten bilde, von dem die deutschen Mittelgebirge nach den ver-
schiedenen Seiten hin ausliefen und bedingt seien. Die Alten ver-
standen unter dem Namen Fichtelgebirge hauptsächlich die Höhen, welche
Bischofsgrün, in der Mitte des Waldrückens belegen, zunächst nm-
schließen, und beschrieben die Gegend bald als einen Berg von wunder-
barlicher Höhe, nnersteiglichen Felsen und einem unschätzbaren Über-
flnffe von Metallen, Holzungen, Kräutern und Gewilde, als den
Ursprung vier großer Flüsse, bald als eiu au den Grenzen zwischen
Böhmen, der Pfalz, Franken und Thüringen liegendes Gebirge, für
dessen Arme auch die Berge von Wnnsiedel und Weißenstadt an-
gesehen wurden. Die alten Orographen waren unerschöpflich in Aus-
drücken der Bewunderung dieses Fichtelgebirges. „Gleichwie auf dem
ganzen Erdboden," erzählt u. a. der Geograph Willen in seinem
paradiso pinifero (Fichtelparadies), „kein Geschöpf ist, das nicht Gott