1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Fichtelgebirge und seine Bewohner.
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Blitze umher, welche kein Donner begleitete. Endlich bildeten sich un-
geheure Kugeln von einem matten Feuer, die weiter zogen und endlich
ohne Knall vergingen. Auch zu Anfang des achizehnten Jahrhunderts
beobachtete man mehrere feurige Luftmeteore. Irrlichter und Stern-
schnuppen können an vielen Orten täglich gesehen werden; auch spricht
Pachelbel von einer mineralischen Witterung, die wie eine Schwefel-
flamme bläulich schimmern und nach dem Zuge der Gänge wie ein
Lauffeuer hinlodern soll. Von solchen pflegt das gemeine Volk zu
sagen, es brenne ein Schatz, und ist der Meinung, daß hier Gold,
Silber oder Geschmeide vergraben sein müsse.
Weitaus die größte Masse des Gebirges wird von den sogenannten
Urgebirgsarten von häufig geschichtetem Granit, der zu manchen monu-
mentalen Werken wie zu der Befreiungshalle zu Stelheim das Material
geliefert, sowie von kristallinischen Schiefern zusammengesetzt. Die
pittoresken Felfengruppen auf dem Rücken mancher knppelförmigen Berge
sind es indes besonders, die die älteren Geographen zu überschwenglichem
Lobe begeisterten.
„Da liegt in Franken," sagt L. Tieck in dem „jungen Tischler-
meister", „ein finsteres Nest, Wunsiedel genannt, unter dem Fichtel-
gebirge; eine halbe oder eine Meile davon sind im Buschwerk die
wunderlichsten, tollsten Felsen über-, unter- und durcheinander geworfen,
wie man sich es nur im Traume vorstellen kann. Der höchste und
verwirrteste Puukt dieser Gegend heißt Luchsberg (Luisenberg). Von
hier sieht man aus der schwärzesten Tanneneinsamkeit rund umher in
die Zerstörung hinaus, von allen Seiten nur Wälder und wilde Stein-
klumpen uuter sich, Waldrauschen und wildes Vogelschreien, alles zum
Entsetzen."
Auf gleiche Weise tritt der Gebirgscharakter in seiner Großartigkeit
in der zweigipfligen Kössein, die schon von fern her wie ein Wahr-
zeichen das Fichtelgebirge kenntlich macht, in dem Rudolstein und in
dem „Großen Waldstein" hervor, der aus seinem Gipfel die kolossalsten
Granitselsen und dazwischen Überreste der Burg Waldstein tiägt. Den
Mittel- und Glanzpunkt aber bilden der Ochsenkopf und der Schneeberg,
um den sich alles mnherreiht. Der Gipfel des ersteren zeigt sich, wenn
man von Bischofsgrün hinaufgestiegen ist, als eine stille Felsenhöhe von
übereinander gestürzten Granitmassen. In diesen Klippen fällt nahe
am Fußwege ein kugliger Stein auf mit der Jahreszahl 1711 und den
Zeichen I. El L., die bedeuten sollen: in hoc loco (unter diesem Steine),
denn unter ihm soll der Schlüssel zu den Geheimnissen des Berges
liegen; den äußersten Punkt der Bergspitze bildet eine Felsspalte, in
der man das Sinnbild des Berges, einen Ochsenkopf mit Hörnern
und Ohren, eingegraben findet.
Lohnender und häufiger ist die Besteigung des Schneeberges, der
mit jähen, dichtbewaldeten Wänden majestätisch aus dem Thale empor-
steigt. Zwischen den sich lichtenden Bäumen gähnt mehr und mehr der
nackte, gewaltig zerborstene Granit hervor; mächtige Tafeln liegen auf-