1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Leipzig.
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auf der anderen Seite des Platzes die renovierte und mit mächtigen
Skulpturwerken gekrönte deutsche Reichspost.
Längs der ganzen Süd- und Nordseite zwischen der inneren und
äußeren Stadt hat sich so ein landschaftliches Bild gestaltet, welches
Leipzig zum größten Schmucke gereicht und in wenig deutschen Städten
ein Seitenstück findet. Wer die sorgfältig gepflegten Promenaden be-
sucht und weiterhin die Straßen durchwandert, wird zugleich erfreut
durch die Pietät, womit das Andenken verdienter Männer, die Er-
inuerung an Dichter, Musiker und Gelehrte durch Denkmäler aller
Art bewahrt wird. Da steht in der Nähe des Museums das eherne
Standhild Thaers 1828), von „den deutschen Landwirten ihrem
verehrten Lehrer" errichtet, vor der Thomaskirche das Leibniz-Denkmal,
bei dem alten Theater die sitzende Erzfigur des Vaters der Homöopathie,
Hahnemann (f 1843), gegenüber dem Dresdener Bahnhof die Marmor-
büfte Harkorts, des Hauptbegründers der Leipzig-Dresdener Eisenbahn
1865), und den Platz vor der Johanniskirche, in der Gellert seine
Ruhestätte gefunden (s 1769), ziert seit 1883 das Reformatious-Deuk-
mal, die Bronzestatuen Luthers und Melanchthons. Auch Samuel
Heinicke, dem Begründer des Taubstummeninstituts (f 1790), Gellert,
den Musikern Sebastian Bach, Hiller und Zöllner sind Denkmäler er-
richtet, und mit Denktafeln geziert sind die Häuser, wo Schiller 1785 und
1789 geweilt, wo Goethe als Stndent gewohnt, wo Richard Wagner
geboren und Felix Meudelsfohn-Bartholdy unsterbliche Werke geschaffen.
3.
Schon im Anfange des 18. Jahrhunderts konnte Leipzig, so klein
es auch war, für die deutsche Litteratur und Bildung doch als die be-
deutendste aller deutschen Städte gelten. Als Sitz einer der blühendsten
Hochschulen, die damals vor allen übrigen die Studierenden aus den
höheren Klaffen an sich zog, als Herd des deutschen Buchhandels und
der gelehrten Journalistik und als vornehmster Handelsplatz im
Binnenlande, wo die vielseitige Berührung der gebildeteren Stände
untereinander und der Verkehr mit den vielen Fremden, die alljährlich
mehrmals die Messe dahin führte, die Sitten abschleifen, den Ton
der guten Gesellschaft verfeinern und schmeidigen mußten, war diese
Stadt zugleich für die Jutereffen der Litteratur und des Lebens ein
Einigungspunkt, wie er sich zu jener Zeit nirgend anderswo in Deutsch-
laud vorfand. Hier lebte und lehrte Gottsched, der, von der Idee einer
deutschen Gesamtlitteratur erfaßt, Zusammenhang und Einheit in dieselbe
zu bringen bemüht war, hier wirkte dann Gellert und die Leipziger
Dichterschule, hier nahmen unsere großen Dichter zeitweilig ihren
Aufenthalt. Alle waren mehr oder weniger von der Universität an-
gezogen, die noch heute den Stolz Leipzigs bildet.
Seit ihrem Bestehen von den Landesfürsten eifrig gefördert, mit
Gebäuden, Besitzungen und Einkünften reich ausgestattet, seit lange
schon eine hervorragende Stätte deutscher Wissenschaft, an der Gelehrte
wie Reiske, Becker, Hermann, Nitzfch eine neue Blüte des Studiums