1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Leipzig.
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Hauptsitz gewählt hat. Die Stadt hat über fünfhundert Firmen
und circa achtzig Druckereien, und außerdem konzentriert sich hier bei-
nahe der gesamte buchhändlerische Verkehr Deutschlands und der dem
deutschen Schrifttum zugänglichen Länder.
4.
Während Leipzig so infolge seines steigenden Großhandels in den
verschiedensten Geschäftszweigen in gleicher Weise rapide an Bevölkerung
wie an Bauten zunehmen mußte, so daß es mit seinen fünf ehemaligen
Vorstädten heute die siebente Stelle unter den deutschen Großstädten
(150 000 Einwohner) einnimmt, ist auch seine Umgebung durch An-
Häufung von Bevölkerung in einem Maße umgestaltet, wie sonst keine
andere Stadt im deutschen Reiche. Nachdem Hamburg seine fünfzehn
Vororte einverleibt, giebt es in Deutschland keine zweite Großstadt, die
so viele dicht bevölkerte und enganschließende Vororte hat. Ein Kranz
von 42 vorstadtähnlichen Dörfern umgiebt dieselbe, welche zur Zeit
noch als selbständige Gemeinden gelten und doch viel mehr zu der
eigentlichen Stadt gehören, als dies z. B. bei Chemnitz und Dresden
der Fall tft. In keiner derselben sieht man allabendlich solche Scharen
aus allen Thoren und des Morgens in dieselben hineinströmen wie in
Leipzig. Ganze Korporationen wohnen auf dem Lande, und die zahl-
reiche Kaste der Markthelfer, der Schriftsetzer, der Buchdrucker u. s. w.
residiert zum großen Teile nur zur Arbeitszeit in Leipzig. Bei dem
enormen Anwachsen der Vororte (28°/0 jährlich) ist es wahrscheinlich,
daß sie in wenigen Jahren volkreicher werden als die eigentliche Stadt.
Aus einem Gürtel hochragender Essen, der die Vorstädte fast ganz um-
faßt, steigt heute de* Dampf empor, so daß der Leipziger Altstädter
schon weit zu gehen hat, ehe er sich frischer Landluft erfreuen kann.
Es ist die werdende Fabrikstadl, die diese Galerie der dampfenden Essen
anzukündigen scheint.
Wie kann es unter diesen Umständen Wunder nehmen, daß das
historisch so bedeutsame Terrain, welches Leipzig in weiterer Ferne
umgiebt, in den letzten Jahrzehnten eine ganz andere Gestalt an-
genommen hat! Fortwährend verändert sich der Schauplatz, auf dem
die Völkerschlacht geschlagen, und immer schwerer wird es, sich mit der
Karte in der Hand bei der jetzigen Bodengestaltung zurecht zu sinden.
Da ist es denn ein großes Verdienst, welches sich der Verein „zur
Feier des 19. Oktobers" und ein Privatmann Dr. Apel (f 1867)
erworben, durch Errichtung von Denk- und Marksteinen das Bild der
Schlacht künftigen Geschlechtern zu zeichnen. In Leipzig selbst erinnert
etn kleines Denkmal an die vorzeitige Sprengung der Elsterbrücke am
19. Oktober, die den Truppen der französischen Nachhut so verderblich
wurde, und ein Sarkophag-Denkmal an den Fürsten Poniatowsky, der
in der Elster ertrank. Die Stelle, wo die Königsberger Landwehr
unter dem Major Friccius das äußerste grimmasche Thor zuerst er-
stürmte, ist durch ein Denkmal, sowie die Milchinsel, das erste städtische
Grundstück, das die Verbündeten besetzten, durch ein Kugeldenkmal mit