1890 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bilder aus den mitteldeutschen Gebirgslandschaften.
zahlreichen Geschützkugeln jener Tage bezeichnet. Auf dem Schlachtfeld
selbst erregt vor allem der Napoleonstein in der Nähe der Vorstadt
Thonberg unser besonderes Interesse. Hier war es, wo der Kaiser sich
während des ganzen verhängnisvollen 18. Oktobers aufhielt, wo er am
Abend, erschöpft von den Anstrengungen des Tages, auf einem Schemel
für kurze Zeit einschlief. Sein Haupt sank auf die Brust, und die
Häude ruhten gefaltet im Schöße. Düfter und schweigend standen die
Generale und Offiziere um ihn her; niemand wagte seine Ruhe zu
stören. Außer dem entfernten Marschtritt der retirierenden Truppen
war nur das Lodern des Wachtfeuers, das Knistern des brennenden
Holzes hörbar. Plötzlich erwachte er, hob sein Haupt kräftig empor
und gab den Befehl zum Rückzüge. Auf dem mit Bäumen umpflanzten
polierten Granitwürfel liegen aus Gußeisen eine Landkarte, ein Degen,
ein Fernrohr und eiu dreieckiger Hut in Form der bekannten Napoleons-
hüte. Nach Süden liest man die Inschrift: „Hier weilte Napoleon
am 18. Oktober 1813, die Kämpfe der Völkerschlacht beobachtend;"
nach Norden zu den Bibelspruch: „Der Herr ist der rechte Kriegsmann.
Herr ist sein Name." Aus dem sogenannten Monarchen-Hügel, eine
halbe Stunde weiter von Probstheida, dem Mittelpunkt der französischen
Stellung, entfernt, erhebt sich ein auf zwei Stufen von Quadersteinen
ruhender Obelisk, der auf fetner Vorderseite den verschlungenen Lorbeer-
kränz des Sieges sowie zwei sich freundschaftlich fassende Hände zeigt; es
ist die Stelle, wo eine irrtümliche Überlieferung die drei Monarchen
an jenem Abend vereint fein läßt, als von allen Seiten die Sieges-
botschafteu eintrafen. Etwas weiter, bei der Schäferei Meusdorf, steht
auf einem Hügel ein Würfel von Granit, dem Fürsten Schwarzenberg
von seiner Gattin gesetzt. Auf dem Wachtbergs' bei Göhren, wo die
alliierten Fürsten in Gefahr gerieten, von der französischen Reiterei
unter Murat gefangen genommen zu werden, auf dem Kolmberg bei
Liebertwolknitz, dem Galgenberge bei Wachau erinnern andere Denk-
mäler an die furchtbaren Reiterschlachten jener Tage. Wenn es auch au
einem großen, das welterschütternde Ereignis der Leipziger Schlacht in seiner
Totalität feiernden Nationaldenkmal fehlt, zu dem bei der fünfzigjährigen
Erinnerungsfeier 1863 auf der Anhöhe neben dem Thonberg der Grund-
stein gelegt ist, so sind doch der einzelnen Denkzeichen, der Monumente
für bestimmte Personen oder Episoden des Kampfes seit den verflossenen
70 Jahren so viele errichtet worden, daß sie mit den 44 Marksteinen,
die Dr. Apel gesetzt, jedem Besucher des Schlachtfeldes zur bequemen
Orientierung dienen und zugleich zeigen, in welch großem Umfange der
Kampf sich erstreckte und welch gewaltige Truppenmafsen damals Leipzig
umlagerten.
Doch nicht alle Erinnerungen der Umgegend sind so mit Krieg
und Blut getränkt. Mit gerechtem Stolze preist der Leipziger die
friedlichen Waldungen feiner Nachbarschaft, das in einen Lustpark ver-
wandelte Rosenthal, seit fast zwei Jahrhunderten einer der besuchtesten
Spaziergänge, wo einst der ehrwürdige Gellert, dem hier ein Marmor-
standbild gesetzt ist, auf seinem Rößlein, das sein Landesherr ihm ge-